Passenger: Singspaß mit Schweißmonster

Mitunter ist es mucksmäuschenstill. 4000 schweigende Gesichter. Alle hören dem jungen Mann mit der Gitarre zu, der fast schon ein wenig verloren oben auf der großen KunstRasen-Bühne steht und seinen schönen, leicht kratzigen Straßenmusik-Folk zelebriert, ihn genießt und in ihn eintaucht. Magische Momente, die anhalten, bis sich Mike Rosenberg alias Passenger wieder aus dem von ihm geschaffenen Quell der Ruhe erhebt und revitalisiert zum Rufer in der Wüste wird, der mit einer bemerkenswerten Präsenz und Unbekümmertheit das Publikum aufpeitscht und energetisiert. Hier in den Bonner Rheinauen gelingt ihm dieser Wechsel mühelos – zumal das Publikum inmitten der Sommerhitze sensibel genug ist, um beide Seiten des Singer-Songwriter-Programms in vollem Umfang zu genießen.

Es mag helfen, dass Rosenberg sich demütig und dankbar gibt für all den Erfolg, den er seit seinem großen Hit „Let Her Go“ im Jahr 2013 erfahren durfte. Zugegeben, seine Zwischenmoderationen sind bei nahezu jedem Konzert identisch, aber deshalb nicht weniger authentisch. Man nimmt sie ihm ab, ebenso wie seine Straßenkonzerte in Fußgängerzonen, die er unter keinen Umständen aufgeben möchte, weil sie ihn definiert und geprägt haben. Vielmehr: Man will sie ihm abnehmen, will daran glauben, dass dieser sympathische 31-Jährige wirklich noch so lässig und unverblümt agiert, dass er eben einer ist, der sich nicht verbiegen lässt und sich eben nicht von den anderen abheben will. Er, der seine Jeans falsch wäscht und sich nun über ihre enge Form mokiert; er, der sich selbst als „sweaty monster“ outet und alle, die zum KunstRasen gekommen sind, gleich mit einbezieht. Und er, der in dem Titelsong seines neuen Albums „Whispers“ singt „All I need is a whisper in a world that shouts“ – und diesem Wunsch sogleich selbst Form verleiht, während sich das Publikum bemüht, dieses Flüstern zu vernehmen. Und eben schweigt. Mucksmäuschenstill. „You are one of the most respectful audiences I ever played for“, lobt Rosenberg und freut sich über jene „Sounds of Silence“, die er kurz zuvor in einem unglaublich dynamischen Simon-and-Garfunkel-Cover besungen hat. Es war einer der Höhepunkte des Konzerts: Erst das feine Storytelling, dann das rohe, kraftvolle Herausschreien (das übrigens bei Passenger selbst bei Titeln wie „I Hate“ eine positive Färbung besitzt) – der Nukleus der Passenger-Musik in einem Stück vereint.

Natürlich darf auch „Let Her Go“ nicht fehlen, der große und laut Rosenberg wahrscheinlich einzige Hit seiner Karriere, den der Brite mit „Eye Of The Tiger“ einläutet und bei dem Mitsingen Pflicht ist. Das Publikum folgt dieser Aufforderung nur allzu gerne, euphorisch schallt der Refrain aus tausenden Kehlen. Ähnlich ergattert es letztlich nach recht kurzen 75 Minuten noch ein paar Zugaben: Das „Oh-Oh-Oh“ des finalen Stücks „Scare Away The Dark“ wird so lange wiederholt, bis Rosenberg doch noch einmal auf der Bühne erscheint. Ist ja noch früh genug. Und der Abend viel zu schön, um ihn zu schnell zu Ende gehen zu lassen. 

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