Manchmal lohnt es sich, vor einem Bühnenauftritt noch einmal die Rollenbeschreibung durchzulesen. Moderatoren zum Beispiel haben die Aufgabe, den jeweils nächsten Künstler anzukündigen und gegebenenfalls ein paar Minuten zu überbrücken. Maxi Gstettenbauer hat dies offenbar noch nicht ganz verinnerlicht: Bei der letzten „Nightwash“-Show im Haus der Springmaus stellte er nicht etwa die anderen, sondern in erster Linie sich selbst in den Mittelpunkt, redete nur um des Redens willen und stand länger auf der Bühne als alle anderen Comedians des Abends. Der bekennende Super-Nerd zog das Programm auf diese Weise unnötig in die Länge, langweilte mit Belanglosigkeiten und Halbwissen – und raubte vor allem jenen die Zeit, die man viel lieber im Fokus gesehen hätte. Denn während Gstettenbauer nicht wirklich überzeugen konnte, waren die vier Nightwash-Gäste deutlich unterhaltsamer.
Ganz rund lief es aber dennoch bei keinem Künstler. So tendiert Özgür Cebe zunehmend in Richtung Polit-Kabarett, hatte aber in der Springmaus offenbar noch Schwierigkeiten, mit der Ethno-Comedy
früherer Tage abzuschließen. Auf der einen Seite zeigte der Bonner mit armenischen, türkischen und kurdischen Wurzeln durchaus gute Ansätze, erklärte etwa mit Blick auf das politische
Farbspektrum in Deutschland, warum ein Grüner Türke in der Parteienlandschaft beruhigend wirkt, ein Schwarzer Afghane dagegen zu extrem ist, und versuchte mit allen Mitteln, das längst
ausgehöhlte Thema Integration zu umschiffen. Auf der anderen Seite setzte Cebe mitunter auf dermaßen platte Sprüche, dass man für das Niveau ein Mikroskop brauchte. Ein Künstler zwischen zwei
Stühlen. Ein ähnliches Problem offenbarte auch Quichotte: Der begnadete Poetry-Slammer ist einfach kein Stand-Up-Comedian. Er braucht ausgeschriebene längere Texte, um wirklich glänzen zu können,
braucht skurrile Geschichten voller Dorflyrik, auch wenn sein Freestyle-Rap, für den die sadistisch veranlagten Springmaus-Besucher Worte wie Blumentopferde und
Kanarienvögelchenzüngelchensüppchen vorschlugen, durchaus amüsant war.
Ganz im Gegensatz dazu war Johnny Armstrong ein Sekunden-Mann. Jeder Satz eine Pointe. Nachladen? Musste er nicht. Der Brite mit dem roten Bart und der Vorliebe für Wortspiele sorgte so für jede
Menge Lacher, egal ob er über die familiären Unabhängigkeitswünsche seines schottischen Vaters sprach, sich mit einem Döner verglich oder über die richtigen Klingen für eine Intimrasur
nachdachte. Ja, das funktioniert. Für eben jene zehn Minuten, die Armstrong auf der Bühne steht. Ob auf diese Weise jedoch ein abendfüllendes Solo-Programm funktionieren würde? Eine Frage, die
man sich übrigens bei Liese-Lotte Lübke ebenfalls stellen konnte, wenn auch aus ganz anderen Gründen. Die Musikkabarettistin, neuerdings mit burschikoser Kurzhaar-Frisur, zeigte sich bei
„Nightwash“ leider nicht von ihrer stärksten Seite: Teils deutliche Intonationsprobleme beim Gesang und melodische Eintönigkeit trafen auf bissige, teils gar schwarzhumorige Texte, die durchaus
Potenzial haben. Wenn denn noch die musikalische Vielfalt hinzu kommt. Immerhin bot sie einen netten Kontrapunkt zu den Sprach-Eskapaden ihrer Kollegen und vervollständigte ein breit
aufgestelltes „Nightwash“-Programm, das vom Publikum begeistert angenommen wurde.
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