Max Herre: Rap und Reggae gegen den Regen

Der Sonnenschein kam zumindest von der Bühne: Während der Himmel über dem Bonner KunstRasen am vergangenen Freitag seine Schleusen zwar nicht weit, aber permanent geöffnet hatte und das in Jacken, Capes und Planen gehüllte Publikum benetzte, sorgten Max Herre und seine MTV Unplugged KAHEDI Radio Show für entspannte Sommerstimmung der Extraklasse.  Feiner Soul, entspannter Reggae und prägnanter Hip Hop mit eleganter Streicher- und Bläser-Unterstützung ergossen sich ebenfalls über den gut 4000 Zuhörern, die entsprechend motiviert den störenden Regen kurzerhand wegtanzten. Nass, aber glücklich feierten sie das beachtliche Künstler-Kollektiv, das sich um den 42-Jährigen geschart hatte und mit herrlichem Orchestersound, brillanten Texten sowie einer ordentlichen Dosis Charme zu überzeugen verstand.

Herre war schon immer ein Musiker, der großen Wert auf Kooperationen legte (wie etwa die Kolchose, die er Anfang der 90er in Stuttgart gründete) und gerne seine Kollegen bei ihren Projekten unterstützte. Der daraus resultierende Freundeskreis 2.0 hat bereits bei der Aufnahme zum Unplugged-Album 2013 für Furore gesorgt und kann sich auch jetzt wieder sehen und hören lassen. Natürlich waren die Rapper Afrob und Megaloh wie schon im vergangenen Jahr mit von der Partie, doch auch der Kölner Künstler Maxim ließ es sich nicht nehmen, einmal auf dem KunstRasen vorbeizuschauen. Für die souligen Momente sorgte Herres Ehefrau Joy Denalane, deren exzellente, wandlungsfähige Stimme einen schönen Kontrast zu den eloquenten Rap-Passagen bildete und die zusammen mit ihrem Gatten für einen der Höhepunkte des Konzerts sorgte: Bei der zärtlichen Liebeserklärung „Mit Dir“ lag eine unglaubliche Spannung in der Luft, knisterte es spürbar zwischen den Duo-Partnern – kein Wunder, haben sie sich doch kennen- und lieben gelernt, als Herre 1999 für genau dieses Lied eine Sängerin suchte. Es war eine der Keimzellen des jetzigen Kollektivs, zu dem nun auch Sänger Fetsum gehört, dessen fantastischer Gesang Stücke wie „Vida“ oder „So wundervoll“ dermaßen souverän schmückte, dass Gregory Porter, der auf dem MTV-Unplugged-Album diese Parts übernahm, nicht wirklich vermisst wurde.

18 Jahre umspannt das Repertoire der KAHEDI Radio Show, beginnend bei dem Freundeskreis-Lied „A-N-N-A“ (mit der für das Bonner Konzert emblematischen Zeile „Immer wenn es regnet, muss ich an dich denken“) bis hin zum 2012 erschienenen dritten Solo-Album „Hallo Welt“. Ruhige Balladen treffen auf tanzbare Grooves, darüber Texte mit lyrischem Tiefgang und auch mal einer kleinen Anspielung auf Goethe. Es ist ein bewusster Gegenentwurf zum Aggro-Rap der Berliner Szene mit seinen Provokationen und dem Bad-Guy-Image. So etwas hat Herre nicht nötig. Ihm steht der Sinn mehr nach einer musikalischen Offenheit, die zumindest im Hip-Hop seinesgleichen sucht, nach elaborierten Klängen ebenso wie nach fetten Beats. Hier ein paar Jazz-Einflüsse, da orientalische Impulse. Und immer wieder Soul und Reggae als Grundlage dieses organisch wirkenden Gesamtkunstwerks. Toll. Das KunstRasen-Publikum, vor allem in den gesungenen Refrains äußerst textsicher, zeigte sich dementsprechend begeistert und hätte auch nach fast zweieinhalb Stunden durchaus noch weiter dem Regen getrotzt. Ein größeres Lob kann einem Künstler bei einem Open-Air-Konzert letztlich nicht gemacht werden.

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