Jin Jim: Tulls Jazzrock-Erben

Temporeich, dynamisch und rockig ist am vergangenen Mittwoch die Reihe „Jazz im Casino“ in die Sommerpause gegangen: Die exzellente junge Formation Jin Jim gab auf Einladung von Organisator Thomas Kimmerle im Pantheon Casino noch einmal so richtig Gas und ließ Fans der etwas härteren Gangart erfreut aufjauchzen. Balkan-Grooves treffen auf Beatbox-Flöten, Klänge aus Island auf jene aus Spanien, dabei zu einem eigenen Sound verschmelzend, der klar ist, stringent, prägnant – und zugleich unweigerlich an Jethro Tull denken lässt.

Das mag vordergründig an Daniel Manrique-Smith liegen, dem peruanischen Querflötisten, der in der Band so eine prominente Rolle übernimmt und der – wenn auch nicht einbeinig – sein Instrument meisterhaft beherrscht. Doch auch der experimentierfreudige Ansatz sowie die erstaunliche Energie und Dynamik des Quartetts weisen Parallelen zu den Briten um Ian Anderson auf. Vor allem aber macht die Musik Jin Jims Lust auf mehr. Und das ist die Hauptsache.

Jin Jim ist somit in den vergangenen zwei Jahren weit gekommen. 2013 gehörten sie zu den Jazztube-Finalisten, 2014 erhielten sie den Nachwuchspreis der Leverkusener Jazztage, bei denen sie im November dieses Jahres auch im regulären Programm vertreten sind. Dazwischen eben Auftritte wie eben in Bonn, die für sich sprechen. Dieser treibende Rhythmus von Schlagzeuger Nico Stallmann, der mitunter wie ein Derwisch über Toms und Becken jagt; der fundamentale Bass Ben Tai Trawinskis, der etwa bei „Landscapes“ in seiner ganzen Wucht offenbar wird; die virtuosen Soli von Gitarrist Johann May; und eben das Flötenspiel Manrique-Smiths, das über allem thront – das alles geht in Herz, Hirn und Beine des Publikums, das das Konzert sichtlich genießt. Zu recht: Nur an einigen wenigen Stellen schießen Jin Jim noch ein wenig über das Ziel hinaus, wirken ihre rhythmischen und melodischen Verrückungen etwas zu gekünstelt, fügen sich nicht so ganz harmonisch in das ansonsten sehr klare Gerüst ein, das die vier Kölner und Bonner Musiker errichten. 

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