Jean Faure: Ein Abend voll goldener Wehmut

Irgendwie schwingt die Vergänglichkeit permanent mit. Alter, Tod, Krieg deuten ein nahes Ende an, ja selbst der Sex ist endlich. Warum Jean Faure ausgerechnet diese Themenkomplexe für sein neues Chanson-Programm „L'Âge d'Or“ heranzieht, bleibt ein Rätsel – die von ihm hergestellte Verbindung zum Herbst des Lebens und scheiternden Utopien ist dann doch arg konstruiert. Nur die Künstler, deren Titel Bonns Lieblings-Franzose wie gewohnt intensiv interpretiert, passen ins goldene Zeitalter: Brel, Trenet, Brassens, Nougaro, Gainsbourg, all die großen Namen, vor denen sich Faure so gerne verbeugt. Und wie schon im Vorgängerprogramm „Tour de France“ lädt er das Publikum zu einer Entdeckungsreise ein, die abseits der berühmtesten Chansons zu der ein oder anderen zumindest in Deutschland eher unbekannten musikalischen Perle führt.

Dabei setzen Jean Faure und seine wie üblich exzellente Band auf Abwechslung – und das ein oder andere Augenzwinkern. Denn nicht alles muss gleich schwarz gemalt werden, nur weil rosa aus ist. So besingt Faure genüsslich in „Le gérontophile“ die libidinöse Wirkung von Arthrose, rechnet in „Le Moribond“ in der Rolle eines Todkranken mit der Affäre zwischen Ehefrau und bestem Freund ab, lässt den Teufel einen Walzer schreiben und besingt in „Fernande“ die Lust am anderen Geschlecht. Die dazugehörigen Arrangements sind wie gewohnt auf höchstem Niveau, pfiffig im Ton und liebevoll umgesetzt. Nur zu Beginn der zweiten Hälfte strauchelte die Band unmerklich, war bei zwei Stücken nicht so ganz zusammen – leider ausgerechnet auch bei dem Volkslied „Pierre de Grenoble“, für das Faure und seine Mannen einmal mehr auf die Interpretation der Folk-Rock-Band Malicorne zurückgreift und das eigentlich mit dem angefügten Dudelsack-Part durch Bandleiter Matthias Höhn einer der Höhepunkte des Konzerts ist. Das dürfte noch ein bisschen besser gehen. Egal: Spätestens mit „Le vent“ ist die Band wieder im Einklang, versteht sich im herrlichen Groove des Stücks.

Jean Faure selbst steht dabei allerdings jenseits aller Kritik. Er genießt es sichtlich, der große Erzähler zu sein, moderiert die einzelnen Stücke mit viel Humor und einer offenkundigen Liebe zur deutschen wie zur französischen Sprache an und versteht es meisterhaft, immer den richtigen Tonfall zu finden. Mal verschmitzt, dann wieder melancholisch, einmal gar bewusst versnobt. Oder auch mal herzhaft verrückt, wenn er die Liebesgeschichte zwischen einer Fledermaus und einem Regenschirm zum Besten gibt. Hat mit dem Programmtitel zwar nun wirklich gar nichts mehr zu tun, aber das ist jetzt auch egal. Zumal spätestens am Ende der Bogen wieder geschlossen wird. Mit Léo Ferré. Und „L'Âge d'Or“. 

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