Hanno Busch Trio und Peter Evans' Zebulon Trio: Dekonstruktion in absentia

Der eine will eintauchen, der andere sich freischwimmen, doch beide suchen nach neuen Erfahrungen, nach Grenzüberschreitungen und der Erweiterung eines Mediums, in dem sie sich wohl fühlen wie ein Fisch im Wasser: Hanno Busch und Peter Evans setzen mit ihren jeweiligen Trios auf eine für viele Ohren ungewöhnliche, befremdliche, schräge Musik, auf scheinbar wilde Improvisationen ohne Ziel und die Zerstörung von Hörgewohnheiten. Funktioniert erstaunlich gut. Im Rahmen des Jazzfests Bonn haben sie in der Brotfabrik die Ergebnisse ihrer Klangexperimente präsentiert – und dafür frenetischen Applaus vom Publikum erhalten.

Dabei machen es die beiden Trios den Zuhörern wahrlich nicht leicht, zumindest wenn man nicht selbst ins kalte Wasser springt und das Doppelkonzert einfach so nimmt, wie es ist. Schräg vor allem. Doch während Hanno Busch, Claus Fischer und Jonas Burgwinkel immerhin noch ihre Musik in eine stromlinienförmige Struktur bringen, die eine erstaunliche Geschwindigkeit und Kraft erzielt, ähnelt das Wirken des Zebulon Trios höchstens an eine amorphe Masse, die im Zustand beständiger Neuausrichtung umherwabert. So ist es nur logisch, dass der Gitarrist der Stefan-Raab-Hausband The Heavytones mit seinen Kollegen den Anfang macht. Sein Album „Absent“, das er an diesem Abend präsentiert, ist greifbarer und begreifbarer, klarer in der musikalischen Zielsetzung, stringenter in dem Spannungsfeld zwischen oft psychedelisch angehauchtem Rock, raumgreifendem Funk und wuchtigem Jazz. Neo-Krautrock-Jazz? Der Begriff scheint irgendwie zu passen. Dabei bleibt das Trio immer zusammen: Hanno Busch, der gerne mit seinen Moog-Regulatoren herumspielt und dadurch seiner Gitarre einen ganz speziellen Klang verleiht, ist nicht der Chef, sondern einer unter Gleichgestellten, der sich auch ohne mit der Wimper zu zucken zusammen mit Bassist Fischer in die Rhythmus-Ecke drängen lässt, während Jonas Burgwinkel am Schlagzeug völlig ausrastet und so manchem Stück zu einem eruptiven Finale verhilft.

So geordnet geht es beim Zebulon Trio nicht zu. Ein Kritiker hat einmal von terroristischem Bebop gesprochen, Liebhaber von Paradoxien könnten aber auch an eine Demokratie der Anarchisten denken. Kein Kräftemessen, keine Machtspiele, sondern ein kollektives Erlebnis, aber getragen von drei Persönlichkeiten, die sich von sämtlichen Fesseln zu befreien versuchen. Und dabei sehr erfolgreich sind. Was Peter Evans aus seiner Trompete herausholt, hat mit dem sonst so gewohnten Klang oft nichts mehr zu tun: Er quietscht, knattert, zischt und schnattert, permanent die Grenzen seines Instruments erweiternd. Ähnlich agiert Bassist John Hébert, den die amerikanische Gitarristin Mary Halvorson einmal als die Quelle der Schwerkraft in ihrer Band bezeichnet hat. Im Zebulon Trio darf er dagegen auch mal hochfliegen, während Kassa Overall für die rhythmische Bodenhaftung sorgt. Bemerkenswert. Aber eben auch vollkommen schräg.

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