Triosence: Die Klang-Alchemisten

Die Wohnung einer Latina hellrosa streichen, als einer von einem knappen Dutzend williger und gegeneinander ausgepielter Männer: Für manchen klingt das nach einem grotesk-höllischen Tag, den man schnell vergessen möchte. Für Bernhard Schüler ist es die perfekte Inspiration. „Day at Scarlet“. In swingendem Dur, angelehnt an Frank-Sinatra-Standards. Der Pianist und Komponist von Triosence braucht derartige Momente, braucht diese absurden Erfahrungen, um sie auf seine Weise zu verarbeiten und brillante, lyrische, freche Jazz-Stücke zu schreiben, deren Melodien den Zuhörer innerhalb von Sekunden in ihren Bann zu ziehen vermögen.

In der gut besuchten Harmonie zeigten er und seine beiden Kollegen Stephan Emig (Drums) und Ingo Senst (Bass; er vertritt Matthias Akeo Nowak) nun anlässlich der kürzlich erschienen Live-CD „One Summer Night“ die besten Perlen aus dem in 15 Jahren aufgehäuften Triosence-Schatz sowie einige bisher unveröffentlichte Stücke. Wie eben das über den Tag in rosa, das Schüler daran erinnert, was man nicht alles für die Frauen tut.

Überhaupt, der Pianist und die Frauen: Das ist schon eine Geschichte für sich. Gleich zwei Andreae widmet Schüler einen Walzer, dann wieder wird ihm bewusst, dass man Menschen unmöglich ändern kann und loslassen muss – nur um sich dann an einen Ton zu klammern und ihn durch die gesamte Komposition zu tragen. Ein D als Konstante innerhalb eines rhythmisch und harmonisch fließenden Stücks. Und zugleich ein D, das den Weg durch das Kaninchenloch kennt und hinein in jenes musikalische Wunderland, das Triosence gerne einmal aufschließt. Ein Ort, an dem sich die Soli jagen, vor allem die von Stephan Emig, der mit so ziemlich allem spielt, was klingt. Inklusive des Publikums. Dieses dirigiert er, lässt es Schnipsen und sich auf die Schenkel klopfen, um so gemeinsam einen akustischen Regenschauer zu erzeugen. Herrlich! Auf der anderen Seite dann Schüler, der sich auch mal von Paulo Coelhos Roman „Der Alchemist“ inspirieren lässt, in seinem virtuosen, traumhaften Spiel selbst den Stein der Weisen sucht – und ihn in seinen besten Momenten sogar für einen kurzen Augenblick in den Händen hält. Dazwischen Ingo Senst als ausgleichende Instanz, die Balance wahrend, die ständig miteinander verschmelzenden Stücke zusammenhält. Ohne jemanden wie ihn würde das Trio auseinanderdriften, sich zwischen Jazz, Rock und Latin verirren und verzetteln. So jedoch flüchtet die Musik auch in den teils ausufernden Soli niemals in die Willkürlichkeit, sondern bewahrt ihre Form. Und ihre Energie. Selbst wenn der Klang einen Hauch von rosa annimmt. Das muss man auch erst einmal schaffen. 

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