Tamar Eisenman: Mitsingen ist Zen

Manchmal kann ein „Uh“ viel bedeuten. Vor allem wenn man all seine „Uhs“ in ein kollektives „Uh“ packt, so wie jetzt bei der Deutschland-Premiere der israelischen Singer-Songwriterin Tamar Eisenman. Die Weggefährtin von Asaf Avidan will das Publikum in der erfreulicherweise sehr gut besuchten Harmonie immer wieder integrieren, will interagieren mit der Menge. Und hat jedes Mal Erfolg. „Mitsingen ist Zen“, sagt sie. Irgendwie schon, vor allem wenn der Groove stimmt. Und die „Uhs“.

Es hat schon etwas Hypnotisches, wenn die 34-Jährige sich auf der Bühne im Takt wiegt, mit ihrer Gitarre tanzt, mit ihr kämpft, gar in sie hineinsingt. Ihre Musik zieht einen in ihren Bann, obwohl sie zu ungewöhnlich ist, um als einlullend beschrieben zu werden. Aber als faszinierend. Ja, Eisenman ist keine zweite Esther Ofarim, keine Balladensängerin der alten Schule, sondern vielmehr eine, die experimentelle Wege geht, die mit Effekten und Loop-Pedalen arbeitet und die gerne mal eine Art Sprechgesang anstimmt. Auch die Nähe zu Asaf Avidan ist unverkennbar, sowohl im Gitarrenspiel als auch in ihrer Phrasierung und ihrer Rhythmik. Darüber hinaus zeigt sich die Israelin als exzellente Blues-Musikerin, die lediglich die Geister beschwören muss, um so richtig loszulegen. Und als Ex-Spice-Girls-Fan: Kurzerhand stimmt sie Mel Cs „Never be the same again“ an, verfremdet den Song aber vor allem in den Rap-Passagen massiv. Nett, aber irgendwie nicht so brillant wie einige der Eigenkompositionen Eisenmans. Das kann sie besser. Energetisch wie bei „Hit me“ von ihrem neuem, im Sommer erscheinenden Album. Oder harmonisch wie bei dem wunderschönen – und ausnahmsweise der klassischen Songwriter-Tradition folgenden – hebräischen Titel, der auch über Sprachgrenzen hinweg zu berühren vermag und damit die Position der Sängerin unterstreicht, das Sprache nur ein weiteres Instrument ist. Und die Musik die Übersetzung.

Das Publikum zeigt sich auf jeden Fall begeistert. Und lernwillig. Nach und nach groovt es sich ein, folgt den Anweisungen Eisenmans, singt und klatscht immer präziser und lässt die Israelin nicht so schnell ziehen. Eine Zugabe, wie ursprünglich geplant? Reicht nicht. Drei müssen es mindestens werden, sehr zur Freude Eisenmans, die mit so viel Enthusiasmus offenbar nicht gerechnet hat. Beim nächsten Mal weiß sie, was sie hier erwartet. Gute Laune. Und laute „Uhs“.

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