„African Angels“: Meisterstimmen aus den Townships

„African Angels“. Was für ein kitschiger Name für ein ganz besonderes Konzert. Traditionelle Kostüme und wilde Tänze vom schwarzen Kontinent, aufgesetzte Folklore, all das findet sich beim Auftritt des Cape Town Opera Chorus unter der Leitung von José Dias erfreulicherweise nicht. Wozu auch: Die 18 Sängerinnen und Sänger bilden laut den Juroren des International Opera Awards 2013 den besten Opernchor der Welt, haben 1500 andere Gesangs-Ensembles hinter sich gelassen. In der voll besetzten Beethovenhalle haben die Südafrikaner nun eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass sie diesen Titel zu recht tragen. Mit einer bunten Mischung aus Arien, Gospels und Traditionals begeisterten sie das Publikum und zeigten, dass auch scheinbar Unvereinbares zusammen passen kann. Etwa Händels Hallelujah-Chorus und Miriam Makebas „Pata Pata“, die zum Abschluss des Konzerts ineinander verwoben werden.

Auf derartige Kontraste griff der Cape Town Opera Chorus gerne zurück: Das zärtliche „Homeward Bound“ Marta Keens traf auf den Chor der Hochzeitsgästeaus Gaetano Donizettis Belcanto-Oper „Lucia di Lammermoor“, die herrliche Osterhymne Pietro Mascagnis (aus „Cavalleria Rusticana“) auf Christopher Tins episches „Baba Yetu“, das als Titelmusik des Strategiecomputerspiels „Civilization IV“ dient und leider in der Version der Kapstädter auf die dazugehörige Orchestrierung verzichten musste. Die Flexibilität des Chores, der sich stilsicher zwischen Verdi, Beethoven und Gershwin bewegte (zum Repertoire gehörten alleine fünf Titel aus „Porgy and Bess“) wurde dennoch ein ums andere Mal deutlich – nur bei dem eigentlich herrlich innovativen „The Battle of Jericho“-Arrangement von Moses Hogan verharrte er zu sehr im Opern-Stil, der für diesen knackigen Satz schlichtweg zu steif war.

Dabei können die Sänger auch anders. Schon bei „Meliwam – Thlolonofatsa“ schwangen die Röcke der Frauen, erklangen gellende Schreie, präsentierte sich der Chor gelöst und scheinbar ungezwungen. Doch erst bei einer anfangs sehr freien Interpretation von „Oh Happy Day“ (und dem darin eingebetteten Spiritual „Ev'ry Time I Feel The Spirit“) gingen die Damen und Herren wirklich aus sich heraus. Diese Vitalität macht sie aus, hat ihnen schon in den Townships Kraft gegeben, aus denen nahezu jedes Mitglied des Chores stammt. Dort ist Musik fester Bestandteil des Alltags, wird überall gesungen, in der Regel ohne Noten, ohne Ausbildung, einfach und unverfälscht. Und auch wenn die Mitglieder des Cape Town Opera Chorus inzwischen in Konzertsälen und Opernhäusern auf der ganzen Welt präsent sind, bleibt dieser Kerngedanke doch unterschwellig erhalten. Vor allem dann, wenn sich ein leichtes Augenzwinkern in die ernste Literatur einschleicht und das Champagnerlied aus der „Fledermaus“ – wie eben auch in Bonn – auf einmal in Xhosa erklingt, mit perlenden Klicklauten gespickt. Es waren jene Momente, in denen der Chor mehr bot als nur ein exzellentes Opern- und Gospel-Programm, in denen sie nicht nur herausragend, sondern tatsächlich einzigartig wurden. Das Publikum bedankte sich mit enthusiastischem Applaus – und darf sich auf einen erneuten Termin freuen. Einen Tag vor Silvester wird der Cape Town Opera Chorus erneut in der Beethovenhalle zu Gast sein.

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