Bonner Weihnachtscircus: Menschen, Tiere, Sensationen

Es soll eine Show der Superlative sein: Gleich zum Anfang Deutschlands bester Weihnachtsmann, später folgen das höchste Tier der Erde, der stärkste Jongleur der Welt, die spektakulärste „Open Galaxy“-Nummer der Welt. Große Worte für den Bonner Weihnachtscircus, der bereits zum achten Mal vor der Beethovenhalle seine Zelte aufgeschlagen hat. Der Programmname spricht bereits für sich, „Sensation“ propagiert Artisten „auf Höchstniveau“. Doch hinter den marktschreierischen Ankündigungen des Direktors Manuel Fischer steckt tatsächlich mehr als nur ein Funken Wahrheit. Vor allem die Akrobaten sorgen für großartige Bilder, fliegen durch die Manege, balancieren Kugeliges und Spitzes nach Belieben oder zeigen bemerkenswerte Kraftakte.

Andererseits sieht sich der Circus der Kritik von Tierschützern ausgesetzt, da Ziegen, Hunde, Ratten und sogar die Giraffe Zaira ihre Auftritte zu absolvieren haben. „Wir sind zum achten Mal in Folge für unsere Tierhaltung mit der Note 'sehr gut' ausgezeichnet worden“, hält der Direktor entgegen, bevor er Zaira an den Zuschauern vorbei führen lässt. Kunststücke gibt es von dem Bullen keine – zum Glück. Dafür müssen die anderen tierischen Teilnehmer der Show ran, müssen sich ihr Futter erst verdienen. Die deutsche Familie Igen hat sowohl Terrier als auch Ziegen trainiert, lässt sie Hindernisse erklimmen, Kommandos befolgen und im Fall der Hunde gar eine Polonaise formen. Drücken darf sich niemand, wer nicht spurt, wird kurzerhand, manchmal etwas ruppig, auf Linie gebracht. So hinterlassen die beiden Dressuren, die auch hinsichtlich der musikalischen Untermalung einige Schwächen aufweisen, trotz mancher possierlicher Momente einen seltsamen Beigeschmack. Gleiches gilt für die letztlich völlig sinnfreie „Ratatouille“-Nummer des Franzosen Gunter Sacckmann, der seine Ratten und Nutrias (auch Sumpfbiber genannt) präsentiert.

So fragwürdig die Tierdarbietungen auch sind, so beeindruckend ist der Rest der Show. Sarah Zinnecker macht an Vertikaltüchern und in einem Netz eine tolle Figur, ebenso wie Melina Igen, die als Piratin verkleidet auf einem in den Mund gesteckten Dolch ein Schwert balanciert, während sie eine Leiter ersteigt. Captain Jack Sparrow dürfte ganz schön neidisch auf dieses Talent sein, ebenso wie auf den Gleichgewichtssinn des Kubaners Yosvany Rodriguez Peña, der auf einem gespannten Seil Salti schlägt, oder auf die Beweglichkeit und Koordination von Stefanie Jarz, die mit Füßen und Händen Kugeln und Tücher jongliert. Stark auch Kraftprotz Johnny Steel alias Robert Spindler, der mit Mund- und Bauchmuskulatur kurzerhand ein Bierfass samt Dame aus dem Publikum ebenso leicht in die Höhe stemmt wie zwei aufeinandergestapelte Eichenholztische mitsamt eines Stuhls. Da schmerzen schon beim Zuschauen die Zähne. Warum allerdings mehrfach darauf hingewiesen werden muss, dass der Artist das auch schon mit Dieter Bohlen beim „Supertalent“ gemacht hat, bleibt ein Rätsel. Ist schließlich keine Ehre.

Akustischer Höhepunkt des Weihnachtscircus ist das waghalsige Rennen von vier Todesfahrer und Stuntmen aus Brasilien: Auf ihren Motorrädern rasen „Los Diorio's“ an der Innenseite einer Stahlkugel entlang, die sich dann sogar in die „Open Galaxy“ teilt. Eine Deutschland-Premiere, laut, aber wirklich spektakulär. Auch ohne die penetranten Lobeshymnen Fischers, der zusammen mit dem Clown Tonito Alexis durch das Programm führt. Qualität spricht schließlich für sich selbst. 

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