„Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“: Tut-Tut-Tut auf der Bauklötzchen-Bühne

Der große Star ist ohne Zweifel Emma: Die Augen klimpern und leuchten, die Stimme trötet und seufzt, der Schornstein spuckt Rauch. Das alte Dampfross ist ein fantastisches Stück Bühnenkunst, das schon bei der Preview von Michael Endes „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer“ im Jungen Theater Bonn bei Kindern und Erwachsenen gleichermaßen für Begeisterung sorgt und die Schauspieler in manchen Szenen in die zweite Reihe drängt. Dabei haben die das nicht verdient: Das siebenköpfige Ensemble macht seine Sache gut, singt, albert und spielt mit sichtlicher Freude herum und bringt so die Geschichte um den cleveren Jungen Jim Knopf (Ferdi Özten) und seinen väterlichen Freund Lukas (Christian Steinborn) kindgerecht auf die fantastische, aus überdimensionalen Bauklötzen gebaute Bühne.

Große Überraschungen sind bei der klassischen Inszenierung des beliebten Stoffes nicht zu erwarten. Regisseur Andreas Lachnit und Intendant Moritz Seibert haben sich eng an die Romanvorlage gehalten, sie auf konsumerable 100 Minuten zusammengestrichen, mit Musik von Michael Barfuß unterfüttert und so eine exzellente Unterhaltung für die gesamte Familie geschaffen. Die Handlung dürfte allgemein bekannt sein: Jim und Lukas reisen von ihrer zu klein gewordenen Heimat Lummerland aus zusammen mit Lok Emma nach China, wo sie vom Kaiser (etwas steif: Thomas Kahle) gebeten werden, die Prinzessin Li Si (Katharina Felschen) aus den Klauen des Drachen Frau Mahlzahn (Starker Auftritt: Jan Herrmann) zu befreien. Auf ihrem Weg in die Stadt Kummerland durchqueren sie das als Krone der Welt bekannte Gebirge, treffen in der Wüste auf den Scheinriesen Herrn Tur Tur (Sandra Kernenbach mit einigen Intonationsschwächen) und können schließlich mit Hilfe des Halbdrachen Nepomuk (Nicole Johannwahr in einer herrlich überdrehten Rolle) zu ihrem Ziel gelangen. Wo Emma in einer spektakulär instrumentierten Szene erst so richtig zeigen kann, was für Feuer in ihr steckt.

Ein besonderes Lob gebührt bei dieser Inszenierung den Bühnenbildnern und Kostümschneidern um Laurentiu Tuturuga. Auf der einen Seite die prächtigen Gewänder des Kaiserhofs und die bezaubernden Drachen-Verkleidungen, auf der anderen die bereits erwähnten Bauklötze, mit denen die chinesische Hauptstadt Ping ebenso schnell aufgebaut werden kann wie ein Vulkan, ein zusammenbrechender Gebirgspass oder eben eine Insel mit zwei Bergen. Alles, was man braucht, ist ein wenig Kreativität und Fantasie. Und die bringen vor allem die Kinder im Publikum ohne weiteres mit. Staunenden Auges sitzen sie in der Vorführung, schimpfen auf den bösen Oberbonzen Pi Pa Po und die Schreckenslehrerin Frau Mahlzahn, lachen mit und über König Alfons den Viertel-vor-Zwölften oder die mütterliche Frau Waas – und bejubeln natürlich jedes Tut-Tut-Tut von Lokomotive Emma, die mit Volldampf ins Abenteuer fährt. 

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