Jazzkantine: Eine Kirche springt im Takt

„Wir geh'n ab“, hallt es aus dem Kirchenschiff. Stimmt: 600 begeisterte Gäste jubeln, tanzen, klatschen und springen im Takt der Jazzkantine, die im Rahmen der 6. Soul-Preacher-Nacht und zum Abschluss der zweiten kabarettistischen Glaubenswoche auf ihrer Jubiläumstour auch in der Pauluskirche auftritt und das Gotteshaus für zwei Stunden in einen von Euphorie durchfluteten Club verwandelt.

Die prägnante Mischung aus Hip Hop und Jazz, mit der die acht Kantinenköche seit nunmehr 20 Jahren erfolgreich sind, sorgt von der ersten Sekunde an für Stimmung. Die Rapper Cappuccino und Tachiles lassen sich von ihren herausragenden Band-Kollegen treiben, nähern sich neben den üblichen Jazz-Titeln dem Minnesänger Walther von der Vogelweide an und schrecken auch vor „Highway to Hell“ nicht zurück – Pfarrer Siegfried Eckert habe das genehmigt, erklären die beiden. Glaubt man ihnen aufs Wort, immerhin steht dieser als Organisator am Rand und tanzt und springt mindestens ebenso ausgelassen wie seine Schäfchen.

Die Jazzkantine genießt den Abend an diesem besonderen Ort, sprüht nur so vor Spielfreude und präsentiert all ihre musikalischen Facetten. Beim Instrumentalstück „Take Five“ mischen sich spacige, orientalische und klassisch jazzige Elemente zu einer wunderbaren Melange, dann wieder erklingen Traumschiff-Bläser oder „Another One bites the dust“-Keyboards. Dazwischen darf Cappuccino sich im Blues versuchen, bei dem er allerdings von Gitarrist Tom Bennecke mit seinen virtuosen Soli abgehängt wird, während Tachiles kurz darauf im Ärztekittel wüste Drohungen ausstößt und kostenlose Operationen für gebrochene Herzen anbietet.

Natürlich darf ein Geburtstagskonzert nicht ohne Ständchen zu Ende gehen. Das erste „Happy Birthday“ leidet zwar an unkoordinierten Einsätzen des Publikums, im zweiten Anlauf klappt es dann aber perfekt und motiviert die Jazzkantine zu zwei Zugaben. Wenn es nach der Gemeinde gegangen wäre, hätten es auch fünf sein können. 

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