Gregor Meyle: Zeit fürs Stimmen

Größer könnte der Kontrast zum Vortag kaum sein: Während The BossHoss am Freitag alles versucht hat, um noch ein Quentchen mehr Energie in ihre Performance zu legen, tritt Gregor Meyle ganz bewusst auf die Bremse. Nicht so schnell, Pferdchen. Bleib locker. Entschleunigung ist das Stichwort, Entspannung das Ziel. Vor knapp 1500 Menschen nimmt sich der charismatische und selbstironische Pop-Barde jede Menge Zeit, spielt so ziemlich jedes Lied in seinem Repertoire, stimmt zwischendurch immer wieder genüsslich die Gitarre (was am Ende des Konzerts in der Summe mindestens eine Viertelstunde in Anspruch genommen haben wird) und hat lässt dabei den Kontakt zu seinen Fans nie abreißen. „Ich bin für euch hier“, vermittelt er. Und scheint es auch so zu meinen.

Gut gelaunt steht Meyle seit 19 Uhr auf der Bühne. Klar, für ihn läuft es seit seiner Teilnahme an „Sing meinen Song“ hervorragend. Sogar das Geld für einen Musikvideodreh in Bad Münstereifel war drin, erzählt er stolz. Der Rest geht für Salbeibonbons und frischen Ingwer drauf, beichtet er kurz darauf. Von wegen Sex, Drugs and Rock 'n' Roll. Würde man Meyle ohnehin nicht so ganz abnehmen. Der 36-Jährige gehört zu den Balladen-Liebhabern, zu den Ruhepolen dieser Welt. Selbst wenn er und seine Band das Tempo ein klein wenig anziehen, bleibt diese Tendenz erhalten. Der so genannte WM-Hit „Heute Nacht“? Kein wilder Party-Song zum Mitgröhlen, sondern ein leichter Bossa. Fahrstuhlmusik, wie Meyle eingesteht. „Keine Macht den Pessimisten“? Ein für Singer-Songwriter-Verhältnisse schmissiges Tanzlied, das aber erst Gas gibt, als Meyle ein paar griechische Anklänge seines Gitarristen kurzerhand ausbaut, Solidarität mit jenen beweist, denen auch der Geldhahn zugedreht wurde, und schließlich zum „Tsatsiki-Tanzen“ aufruft.

Zugleich ist das auch eine gute Überleitung zu den Special Guests des Abends: Zwei Wochen zuvor war Gregor Meyle noch spontan bei ihnen am Tanzbrunnen zu Gast, jetzt erwidern die Jungs von Kasalla den Besuch. Das exotische Element wollen sie sein. Sind sie. Eine Wohltat aber auch. Denn bevor der balladeske Stil Meyles einschläfernde Züge annimmt, legen die Mundart-Rocker in der Wohnzimmeratmosphäre auf dem KunstRasen einen Gegenentwurf vor. Sie sorgen für den nötigen Druck, ergänzen die Meylesche Band hervorragend. Irgendwie schade, dass sie nach drei Songs die Bühne wieder verlassen. Während Meyle sich wieder Zeit lässt, den Blick gen Himmel streifen lässt – und um eine kurze „Mondstille“ bittet. Na dann...

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