Ein bunter musikalischer Kosmos zwischen Romantik und Moderne, zwischen Volkstänzen, Tango und Charleston hat sich am vergangenen Samstag im Theater im Ballsaal offenbart. Und nach der ersten Konzerthälfte gab es vor allem eine drängende Frage: Wie will das Berlange Saxophone Quartet, das ihm Rahmen des Bonner Schumannfests ihr Programm „Saxofolk“ präsentierte, ihre Leistung jetzt noch überbieten? Was soll noch kommen nach den „alten ungarischen Tänzen“ von Ferenc Farkas, den dissonanten, anstrengenden, beißenden Bagatellen seines Schülers György Ligeti und den fantastischen Adaptionen von vier Mussorgsky-Klavier-Miniaturen, die die Formation in technischer Brillanz und mit viel Gefühl darbot? Wie noch diese herrlichen Läufe steigern, die in „Children's games“ durch die Instrumente gereicht werden, wie noch eindringlicher werden als die musikalischen Dolchstöße in Stalins Herz, die Ligeti in seine kleinen Kompositionen einbaute, wie noch an die kecke, schneidige „Fähnrichs-Polka“ herankommen, die Mussorgsky im Alter von 13 Jahren als sein Opus 1 schrieb?
Die ernüchternde Antwort: Gar nicht, sieht man einmal von einem fantastischen „Kobold“ ab. Denn die starke Darbietung von Lars und Kirstin Niederstraßer, Peter Vigh und Eva van Grinsven erlitt im zweiten Teil einen deutlichen Einbruch. Zwar blieben die jungen Musiker aus Amsterdam und Köln weiterhin auf einem hohen technischen Niveau (vor allem Bariton-Saxofonistin Eva van Grinsven holte schier unglaubliche Töne aus ihrem Instrument heraus, doch auch Altsaxofonist und Arrangeur Peter Vigh konnte mit seinem herrlich warmen Spiel begeistern), das richtige Gefühl fehlte aber weitgehend. Insbesondere Griegs „Hochzeit auf Troldhaugen“ ließ Lebendigkeit und Dynamik vermissen, jene beständigen Tempowechsel, die dieses Klavierstück ausmachen. Stattdessen setzte das Quartett auf Druck und Geschwindigkeit, was leider auch dazu führte, dass der ansonsten souveräne Sopran-Saxofonist Lars Niederstraßer in den enormen Höhen eher keifte als klang. Ähnlich erging es Astor Piazollas „Milonga del Angel“: Dem langsamen Tango fehlte die nötige Spannung, die Energie, das Tanzbare. Schade, denn eigentlich beherrschen die vier Saxofonisten dies bestens, wie sie sowohl bei „Aragon“ von Isaac Albeniz als auch bei der ersten Zugabe, Vittorio Montis Csárdás, eindrucksvoll unter Beweis stellten. Ihr bemerkenswertes Potenzial nutzte das Berlange Saxophone Quartet auf jeden Fall nur zum Teil aus, mit leichtem Abzug in der B-Note. Dennoch insgesamt eine gute Leistung, die das Publikum auch mit kräftigem Applaus belohnte.
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