Winston McAnuff & Fixi: Reggae-Schamane im Akkordeon-Rausch

Die Lässigkeit des Reggae traf auf die Virtuosität der französischen Musette – und das Publikum in der gut gefüllten Harmonie jubelte. Zu Recht: Winston McAnuff, der jamaikanische Roots-Veteran, und Fixi, der jeden Stil absorbierende Tastenzauberer, haben am vergangenen Sonntag zahlreichen Fans von Weltmusik und Ethno-Jazz mehr als nur ein bisschen Sonne geschenkt, Gelassenheit und Freude. Für die beiden Musiker ging das wie im Rausch: McAnuff tanzte immer wieder wie ein weiser Schamane über die Bühne, um dann wieder am Mikrophon mit rauer, kraftvoller, von Leidenschaft getränkter Stimme Beschwörungen zu singen, die Rasta-Locken fliegen zu lassen und gleich zu Anfang in gespielter Erschöpfung zu Boden zu sinken; und Fixi gab vor allem in seinen Soli richtig Gas, seine Finger auf dem Akkordeon zu Mini-Derwischen mutierend.

Für den rhythmischen Part sorgte derweil nicht etwa ein regulärer Drummer, sondern Beatboxer Markus Ruchmann, der mit Loop-Station und verschiedenen anderen technischen Hilfsmitteln so ziemlich jeden Schlagzeug-Part vokal imitieren kann. Immerhin, ein Becken hatte er dann doch mitgebracht.

In dieser Konstellation fanden Jamaika und Frankreich hervorragend zusammen, auch wenn manche Intros ruhig hätten ausgebaut werden dürfen. So legte Fixi bei „A New Day“ ein vielversprechendes Keyboard-Solo mit leichtem Jazz-Anklang vor, das dann doch in einer schönen, aber kompositorisch austauschbaren Balladenbegleitung mündete. Zu viel Gemütlichkeit ist eben auch nicht so prickelnd. Und so war es an Fixi und Ruchmann, den sich gerne mal zurücklehnenden McAnuff immer wieder anzutreiben, zu drängen, Impulse nach vorne zu geben. Der wiederum ließ seine Bühnen-Kumpane machen, wohl wissend, dass er jederzeit zur Seite treten konnte, um den beiden zügellosen Musikern für einen kurzen Moment Freilauf zu gewähren. Eine Balance, die im Großen und Ganzen ausgezeichnet funktionierte. So war für jeden was dabei, tanzbare Stücke ebenso wie ruhige, aufwühlende und schräge. Bis dann viel zu früh (zwei Mal 40 Minuten plus Zugabe ist eine eher überschaubare Konzertdauer) Schluss war. Schade. „Make the best of your time“, hatte McAnuff noch zu Beginn des Konzerts gefordert. Das Publikum hätte sich diesem Ratschlag gerne noch ein wenig länger gebeugt. Wenn der Reggae-Schamane und der Akkordeon-Magier es nur ermöglicht hätten. 

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