Jasper van't Hofs Pili Pili: Zucker in der Pfeffermischung

Weltmusik: Für uns Europäer entsteht das dann, wenn einer aus dem Westen mit Künstlern aus dem Osten oder vom afrikanischen Kontinent ein Projekt startet, bei dem wir uns auf den dazugehörigen Konzerten als Globetrotter fühlen können, ohne die Stadt verlassen zu müssen. Die Welt zu Gast im heimischen Wohnzimmer, mit auditiven Kosmopoliten als Publikum. Dieses hat Jasper van't Hof, der begnadete holländische Jazz-Pianist, jahrelang mit seiner Formation Pili Pili beglückt, deren Kompositionen dank des feurigen, afrikanischen Grooves und der Improvisationsfreude der beteiligten Musiker sowohl in Jazzclubs als auch in Diskotheken gespielt wurden.

Doch vor drei Jahren, nach einer längeren Pause, hat van't Hof den Spieß umgedreht: Wie würde es klingen, wenn nicht ein Europäer, sondern ein Afrikaner Weltmusik machen würde? Die Antwort gab es jetzt in der Harmonie, wo Pili Pili eines von nur drei Deutschland-Konzerten spielte. Um es vorwegzunehmen: Es klang fantastisch. Und doch völlig anders als frühere Pili-Pili-Stücke. Kammermusikalischer. In sich ruhender. Immer noch scharf, aber gepaart mit süßem Zucker.

„To be or not to be“ lautet der Titel dieser Pili-Pili-Tour, „Ukuba noma Unkungabi“ ist das südafrikanische Äquivalent. Sein oder Nichtsein, da wählen van't Hof und seine Mitstreiter natürlich ersteres. Ohne Verstellung, ohne Maske, und dennoch in harmonischem Miteinander. Denn genau das zeichnet Pili Pili aus: Trotz der ungewöhnlichen Bandbesetzung mit Keyboard, Geige, Cello, Bass, Saxofon, afrikanischer Percussion und Gesang wirkt keines der Instrumente wie ein Fremdkörper, kein Klang unpassend. Jeder Musiker lässt den anderen Raum oder zieht sich zurück, wenn ein Solo oder ein Duett ansteht, wenn etwa van't Hof sich mit dem Saxofonisten Uli Jünemann in Coltrane-Manier austauscht, Bassist Nicolas Thys zusammen mit Geiger Vasile Darnea und Anton Peisakhov am Cello in die Tiefen vordringt oder Drummer Dra Diara zur Kora greift und die wunderbare Sängerin Tutu Puoane mit dieser Harfenlaute zu einem südafrikanischen Lied überredet, bei dem letztlich auch das Publikum beseelt mitsingt. Klicklaute inklusive.

Polyrhythmik trifft somit auf Polyphonie und wird zu einer ganz besonderen Art der Weltmusik. Nicht mehr unbedingt tanzbar, wie die Pili-Pili-Songs in den 80er Jahren, aber nicht minder faszinierend. Das Experiment ist geglückt, selbst das klassisch anmutende Keyboard-Solo, zu dem van't Hof gegen Ende ansetzt, wandelt sich aus seinem an ein Menuett erinnernden Stil mühelos in das finale „Burning Culture“, das als Synthese aus europäischer Melodik und afrikanischer Percussion einen guten Schlusspunkt setzt. Auch wenn das Publikum nach mehr verlangt und sich mit der einen gewährten Zugabe am Ende des gut 100-minütigen Konzerts zunächst nicht zufrieden geben will. Noch ein kleines Stück Zucker für den Heimweg. Das wäre wirklich das Sahnehäubchen eines grandiosen Konzerts gewesen.

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