Richard Rogler: Pataphysik aus der Stammkneipe

„Ich habe nie geglaubt, dass Frau Merkel Kanzlerin ist. Die Frau mag es geben, aber als Kanzlerin? Wie soll denn das passiert sein?“ Eine gute Frage, auf die es viele denkbare Antworten gibt. Auch einige absurde. Und genau an dieser Stelle setzt Richard Rogler an, der bekennende Pataphysiker, der jetzt im Pantheon mit seinem Programm „Das müssen Sie mal sagen“ zu Gast war. Denn laut der Wissenschaft der imaginären Lösungen ist Merkel unter anderem die finale Rache Erich Honeckers am Westen, die langsam zentrale Positionen der CDU zersetzt, Wehrpflicht und Kernkraftwerke abschafft, den Mindestlohn einführt und am Ende mit einer 80-Prozent-Koalition DDR-Verhältnisse wieder herstellt. Ganz ohne Mauer. Klingt völlig verrückt. Ist es wahrscheinlich auch. Aber nicht unmöglich.

In diesem Meer der Wahrscheinlichkeiten, in dem viele Stammtischbewohner immer wieder trübe fischen, schwimmt Satire-Hai Rogler fröhlich umher, auf der Jagd nach Erklärungen für eher unbequeme Wahrheiten und politischen Aktionismus der Gaga-Art. So beschwert er sich über das von der EU präferierte Duschkopf-Modell „Nieselregen im Emsland“, das im Duell mit seinem hauseigenen „Niagara“-Exemplar von den Wassermassen des letzteren erschlagen werden dürfte; malt sich den Andrang in der Kirche an Heiligabend im Jahr 2022 vor, wenn zeitgleich die Fußball-WM in Katar läuft; und stellt sich Rentner in Kitas vor, die dabei entstehenden Belastungen monierend – Hintern abwischen, Märchen erzählen und ins Bett bringen, das könnten die Kinder einfach nicht leisten. Gnadenlos überzeichnend und dennoch den Finger auf soziale Probleme legend arbeitet sich Rogler an den Themen ab, die ihm die Gäste von „Gertis kleinem Brauhaus“, seiner Lieblingskneipe, in den Block diktiert haben, geistreich freigeistig nach dem Motto „Immer mit dem Geist der Machtlosen gegen die Macht der Geistlosen!“ Bissig, pointiert, herrlich satirisch. Nur in einigen wenigen Momenten legt der Ex-Scheibenwischer andere Maßstäbe an, wird etwa zum kalauernden Witzeerzähler oder zum Mittelaltermarkt-Verächter. Dem Publikum ist das egal: Die Mischung macht's. Der begeisterte Applaus der Zuschauer ist Beweis genug.

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