Pete York: Adeliger Swing auf höchstem Niveau

Er hasst Fußball. Wahrscheinlich schon allein deswegen, weil wegen eines einzigen Spiels weitaus weniger Menschen zu seinem Konzert kommen als gewöhnlich. „Erzählen Sie Ihren Bekannten bitte, was die verpasst haben“, sagt Pete York zu Beginn seines Auftritts in der Harmonie. Kein Problem: Sie haben was verpasst. Und zwar ausgezeichnete Musik. Klassischen, formvollendeten Swing von einem herausragenden Schlagzeuger, der mit drei nicht minder exzellenten jungen Kollegen (wobei „jung“ aus Sicht des 71-jährigen Yorks eine etwas andere Bedeutung zu haben scheint als allgemein üblich) Count Basie seine Reverenz erweist.

„Basie war meine erste Erfahrung mit Jazz“, erinnert sich „Mister Superdrumming“ – „und als ich 70 geworden bin, hat mir mein Freund Siggi Loch (Gründer des Labels ACT; Anm. d. Red.) die Gelegenheit gegeben, ein neues Album zu machen.“ Ein Geschenk namens „Basiecally Speaking“, das nicht nur einen gewohnt gut gelaunten, unglaublich fokussiert spielenden und singenden Pete York erstrahlen lässt, sondern auch seine Bandkollegen.

Mit einem prächtig klaren Saxofon setzt Gábor Bolla schon früh im Konzert Akzente und arbeitet gekonnt Melodielinien heraus. Auch Andi Kissenbeck an der Hammond-Orgel groovt begeistert mit, huscht über die Tasten, ersetzt mal die Blechbläser einer typischen Big Band, nur um dann wieder in einem flirrenden Solo aufzugehen. Und dann ist da noch der überragende Gitarrist Torsten Goods, der sichtlich gut gelaunt ein meisterhaftes Solo nach dem anderen aus seinen Saiten lockt, dabei immer wieder die anderen Bandmitglieder einbezieht, auf sie zugeht, sie anspielt und jene unsichtbaren Grenzen überwindet, die zwischen den konzentrierten Musikern einer Jazz-Combo üblicherweise bestehen. Zudem erweist sich der 33-Jährige als exzellenter Sänger, dessen warme, reine Stimme hervorragend zu dem rauen Organ Pete Yorks passt. Sowohl bei „Gee Baby, ain't I good to you“ als auch bei der Zugabe „Gimme some lovin“ werfen sich die beiden die Bälle zu – ein echter Genuss.

Zugleich zeigt sich aber auch, dass Pete York nicht hundertprozentig fit ist. Zwar spielt er wie üblich mit seinem Denglisch, singt von Kitzelzehen („Tickle Toes“), setzt bei dem Drummer-Paradestück „Cute“ auch auf eine Jerry-Lewis-Stimme und beeindruckt immer wieder mit seinen phänomenalen Schlagzeug-Passagen – auf das von ihm eigentlich zu erwartende Zehn-Minuten-Solo, bei dem York sonst auch gerne mal die Bühne verlässt und auf allem nur irgendwie Klingbaren seine Rhythmen spielt, wartet das Publikum aber vergeblich. Ebenso wie auf eine zweite Zugabe. Ist aber auch verständlich: Nach eigenen Angaben hatte York erst vor zwei Wochen eine Lungenembolie. In diesem Licht ist seine Performance umso erstaunlicher, wofür ihm die Menge mit Standing Ovations dankt. Top. Ist schon besser als Dortmund verlieren zu sehen...

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