Die Nachbarn: Nachbarn beim Fest der Hassliebe

Sie lieben und sie streiten sich: Die Herren Böll (Andreas Etienne) und Zimmermann (Michael Müller), die Hauptfiguren des Nachbarn-Weihnachts-Best-ofs „Manche mögen's weiß“ im Haus der Springmaus, können nun einmal nicht mit und nicht ohne einander. Gerade in der Vorweihnachtszeit liegen manchmal die Nerven blank, immerhin gilt es, in der Dunkelheit noch schnell passende Geschenke zu finden, Oberfräsen und Theaterkarten in die richtigen Hände zu legen und kleine Schneemänner für den selbst organisierten Weihnachtsmarkt zu basteln. Da hilft es, wenn man einen Gleichgesinnten an seiner Seite hat – selbst wenn es der nervende Nachbar ist.

Etienne und Müller schöpfen in ihrem neuen Weihnachtsprogramm, für das sie extra ihre alten „Nachbarn“-Figuren reanimiert haben, aus mehr als 15 Jahren Bühnenstreit und Festtags-Kooperation. Einige Sketche stammen noch aus „Tannenglühn“ und „Nachbarn on Ice“, wobei es den beiden Hauskabarettisten der Springmaus weitgehend gelingt, ihnen einen frischen Anstrich zu geben. Vor allem in der zweiten Hälfte sprühen die Funken, kommen Pointen am laufenden Band, ist das Duo richtig warm geworden und folgt dem roten Faden, der zu Beginn noch ein wenig verworren wirkte. Dafür dürften nicht zuletzt die beiden altehrwürdigen Damen Tienchen und Fienchen gesorgt haben, die mit diversen Alkoholika (darunter der wirkungsvolle „Offenbacher Schlüpferstürmer“) Koch- und Deko-Tipps geben. Wer schon immer einmal wissen wollte, was man heutzutage mit griechischen Staatsanleihen anfängt: Die beiden Omas kennen die Antwort.

Mit zunehmender, teilweise durchdringender Improvisationsfreude geben Etienne und Müller in dem Boulevard-Episoden-Programm Gas – auch wenn Tod und Gewalt allgegenwärtig sind. So fürchtet Zimmermann, Böll hätte Suizidabsichten, während dieser später während eines Stromausfalls Zimmermanns Ehefrau niederschlägt. Weitere Opfer: Eine Martins-Gans, eine Katze und ein Haustier der Marke Kanarienvogel. Doch für Trauer scheint keine Zeit, immerhin ist bis Heiligabend noch viel zu erledigen. Etwa ein Dessous- und Parfümkauf für Frau Zimmermann. Oder ein Eliminieren der Dominostein-Vorräte. Ganz zu schweigen von den Hausbesuchen, die zwei anfangs noch reimende Weihnachtsmänner absolvieren müssen und denen dabei alleinstehende Frauen mit anrüchigen Angeboten ebenso begegnen wie freche Kinder, die das Fehlen eines Stückes Apfeltechnik im eilig aufgerissenen Päckchen mit verbalen und physischen Angriffen kommentieren.

Natürlich erfinden die „Nachbarn“ das Rad nicht neu: Der Aufbau mancher Sketche (Tienchen und Fienchen sind da eindeutig auszunehmen: bei denen weiß man nie, was kommt) ist selbst dann vorhersehbar, wenn man sie noch nicht zuvor gesehen hat, folgt klassischen Strickmustern, die allerdings so gekonnt umgesetzt werden, dass man sich des Lachens kaum erwehren kann. Und so steht am Ende eines unterhaltsamen Abends der verdient herzhafte, kräftige Applaus für zwei Unikate, Wendehammer-Sheriffs und Partner aus Überzeugung.

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