
Es wirkt irgendwie schizophren, dieses Spiel von David Fischer. Also genau so, wie es sein soll. Der Mono-Dialog „Der Teufel“ zwischen Iwan Fjodorowitsch und seinem imaginären diabolischen Gast, der ein Kapitel aus Fjodor Dostojewskis Mammutwerk „Die Brüder Karamasow“ ist und den Fischer unter der Regie von fringe-Ensemble-Chef Frank Heuel nun erneut im Theater im Ballsaal präsentiert, hat schließlich ein Nervenleiden zur Ursache, ist Ausdruck einer Wahnvorstellung eines Mannes, der an Gott und allen Werten (ver-)zweifelt.
„Zwei Seelen wohnen ach in meiner Brust“ – Iwan könnte dem sofort zustimmen. Er sehnt sich nach Gottvertrauen und ist doch der Aufklärung verpflichtet, kann selbst nicht glauben, weder an den
Schöpfer noch an den ihn nun besuchenden Teufel, und würde es doch so gerne tun. Ein Alptraum, in dem Schauspieler Fischer aus dem Vollen schöpfen kann. Zunächst fast schon bieder wirkend
wechselt er immer schneller von einer Figur zur nächsten, taumelt in einer Spirale des Irrsinns von einem Extrem ins nächste, flattert mit Federkrone und aufblasbaren weißen Flügeln als
gefallener Engel durch den Saal und schnürt sich schließlich einen Eisblock vor die fiebernde nackte Brust. Mit seiner ungeheuer intensiven Darbietung verkörpert er den am Rande des Abgrunds
Stehenden perfekt – manchmal etwas überdreht, aber auch das gehört dazu.
Der sich ständig steigernden Performance Fischers entsprechend wird auch der karg eingerichtete Raum (Ausstattung: Annika Ley), der den Fokus unweigerlich auf den Schauspieler lenkt, mehr und
mehr mit einbezogen: Video-Projektionen in Endlos-Schleife flackern zeitweilig als bis zur Kakophonie gesteigertes Echo des Teufels über die Wände, über fallende Papierstreifen rollen
Textpassagen. An diesen Stellen übernimmt der Wahnsinn die Hauptrolle, die Figur des Iwan Fjodorowitsch tritt in den Hintergrund. Bis dieser sich einmal mehr zur Wehr setzt, wohl wissend, dass er
das Dilemma in seiner Seele nicht so einfach zu lösen vermag. Und so wütet Fischer zu dissonanten Klängen (Live-Musik: Matthias Höhn, der sich erst am Ende des Stückes zeigt) weiter, kämpft gegen
den verneinenden und verführenden Satan, dessen Charme und Argumentation nur schwer zu entkommen ist. Ein fantastisches Ein-Personen-Stück, das zwar aufgrund des komplexen Textes vom Publikum
höchste Konzentration erfordert, dafür aber auch viel zu geben vermag. Eine weitere Chance, sich dieses Werk anzuschauen, gibt es übrigens am heutigen Freitag um 20 Uhr im Theater im Ballsaal.
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