Astrid North: Viel Strom, aber wenig Fluss

Kennt jemand noch die Formation Cultured Pearls? Stichwort „Sugar Sugar Honey“? Das Trio hat in den 90ern mit lockerem Soulpop die Charts gestürmt, nicht zuletzt dank der charismatischen Stimme von Frontfrau Astrid North. Die wandelt inzwischen auf Solopfaden, die sie am vergangenen Dienstag in die Harmonie geführt haben. Doch vom Gute-Laune-Perlen-Soul ist sie inzwischen weit entfernt, versucht sich in tieferen Gewässern – und droht darin zu ertrinken.

Nur mit minimaler Besetzung hat sich North auf die Bühne gewagt, setzt auf den leider häufig viel zu lauten Schlagzeuger Benny Glass und den Keyboarder Christopher Noodt, wobei letzterer sowohl die auf der CD vorhandenen Bässe als auch die Gitarrenriffs übernehmen soll. Kann ja nicht klappen. Tut es auch nicht. Zumal auch kompositorisch ein Kompass hilfreich gewesen wäre: Der präsentierte Elektro-Pop mäandert vorsichtig in alle möglichen Genres, versucht über schleppenden Trip-Rock-Soul Spannung aufzubauen und scheitert dabei an seinem eigenen Strickmuster. Es fehlt der Fluss, das Momentum, die Energie, die ein Lied in eine bestimmte Richtung treibt. Diesen Impuls lässt Astrid North sowohl am Mikro als auch am E-Piano vermissen. So kratzt das scheußliche „Honda“ im abgetragenen Bombastrock-Gewand lediglich kläglich an der Tür zur Welt von Künstlern wie Skunk Anansie und dreht sich in seiner Verzweiflung immer nur um sich selbst, während das darauf folgende orientalisch angehauchte Dancehall-Stück „Thursday“ nicht zuletzt wegen der eingeschränkten Möglichkeiten der Musiker ein ähnliches Schicksal erleidet. Selbst die zweieinhalb alten Cultured-Pearls-Nummern, die North mit neuem Ansatz in einem Medley verwurstet hat, wirken belanglos, kraftlos und vor allem deutlich langweiliger als auf dem Album.

Dabei kann Astrid North auch anders: Nämlich dann, wenn sie auf den ganzen Unterbau verzichtet, den Strom weitgehend abschaltet und sich dem Fluss ergibt. Die Balladen „Dither“ und „Silence“ geben Norths Soul-Stimme endlich mal die erwarteten Freiräume, ebenso wie eine kleine, aber feine a-capella-Einlage. Und so langsam gelingt es der 40-jährigen Sängerin, ihre Zuhörer zu berühren. Bis dann wieder das übliche Geschwurbel losgeht, das Schlagzeug alles kaputt haut und die drei auf der Bühne versuchen, den Drive zu finden, der schon vor Ewigkeiten den Saal verlassen hat. Zumindest fühlt es sich so an, als North nach gerade einmal 60 Minuten reiner Spielzeit zum ersten Mal die Bühne verlässt. Da können auch ein paar Zugaben nicht mehr helfen. Wer sich übrigens dennoch einen Eindruck von dem Konzert-Klang verschaffen möchte, muss nicht mehr lange warten: Noch in diesem Jahr soll eine Live-CD erscheinen.

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