Ten Years After: Solides Handwerk der Woodstock-Veteranen

Eigentlich ist alles gut: Druckvoller Bluesrock begeistert das Publikum in der Harmonie, Schlagzeug und Bass legen einen massiven Teppich aus, Keyboard-Klänge und vor allem Gitarrensoli dienen als Verzierung. Kennt man alles. Denn an ihrem Erfolgskonzept haben Ten Years After seit Woodstock nicht viel geändert. Bis heute zehrt die britische Band von diesem Auftritt und den darauf folgenden fünf Jahren, in denen sie ihre größten Hits produzierte. Und so reproduzieren die Veteranen (einzig Sänger und Gitarrist Joe Gooch ist als Neuling erst seit zehn Jahren mit von der Partie) den klassischen, trockenen, schnörkellosen Sound der 70er. Nur mit der Magie klappt es zumindest in der Harmonie nicht so ganz.

Es ist schwer zu beschreiben, was genau fehlt. Leidenschaft? Präsenz? Kreativität in den teilweise recht abwechslungsarmen Soli? Vielleicht liegt es auch einfach an der mäßigen Abmischung, die mehr auf Lautstärke als auf Differenziertheit setzt und so zu einem oft breiigen Klang führt. Auf jeden Fall fehlt dieser spezielle Kick, der ein Konzert heraushebt, zu etwas Besonderem macht, auch wenn die Musiker sich wirklich bemühen. Drummer Ric Lee gibt vor allem in seinem berühmten minutenlangen „Hobbit“-Solo alles, legt teilweise gar die Sticks zur Seite, spielt mit den Fingern, kommt damit allerdings nicht gegen die viel zu massiv abgenommene Base-Drum an. Auch Keyboarder Chick Churchill hat seine Sternstunden, etwa bei „Hear me calling“, während Leo Lyons mit Vehemenz seine Bass-Linien herunterkloppt. Und Frontmann Joe Gooch, der den im März verstorbenen Alvin Lee souverän ersetzt, nutzt immer wieder die Gelegenheit zu ausgiebigen Gitarren-Improvisationen, fröhlich das Griffbrett rockend und doch immer wieder das selbe machend. Neue Ansätze? Fehlanzeige. Nur zwei Songs an diesem Abend stammen von jenen Alben, die Ten Years After mit Gooch zusammen aufgenommen hat, alles andere steht im Zeichen der Nostalgie. Was dem Publikum nur recht ist.

Tatsächlich sind es auch die Klassiker, die gegen Ende dem Konzert noch einmal etwas mehr Schwung verleihen. Und die Cover-Versionen. Sonny Boy Williamsons „Good Morning Little Schoolgirl“ und Al Koopers „I can't keep from crying, sometimes“ zeigen Ten Years After in genau der Form, die sie schon das ganze Konzert über hätten haben können, spannungsgeladen und vielseitig. Sogar für einen Ausflug zu „Smoke on the water“ lässt Gooch sich hinreißen. Geht doch. Eine exzellente Ausgangsbasis für den Höhepunkt des Abends: „I'm going home“, jenen Song, den Ten Years After auch in Woodstock spielte, der als einziger von der Filmcrew vor Ort aufgezeichnet wurde und der der Band damals zum Durchbruch verhalf. Und auf einmal ist er da, der vermisste Zauber. Spät, aber immerhin. 

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