Ten of the Best: Wagners wagemutige Weltreise

Offiziell hat das diesjährige Beethovenfest noch gar nicht begonnen, erst am 6. September steht das Eröffnungskonzert auf dem Programm. Am vergangenen Freitag gab es auf dem KunstRasen in der Bonner Rheinaue jedoch einen Vorgeschmack auf das große Klassikfestival – und zwar einmal mehr mit jener Art von Grenzgängern und mutigen Erneuerern, die das Beethovenfest seit Jahren fördert. Die Trompeterformation „Ten of the Best“ von Otto Sauter hatte sich dafür, passend zum 200. Geburtstag des Komponisten, der Musik Richard Wagners angenommen, diese aber kurzerhand in den US- und lateinamerikanischen Raum übertragen. Wagner auf Weltreise.

Für manchen Extrem-Puristen vielleicht ein Graus – für alle anderen aber ein Genuss. Tannhäuser stapfte durch Manhattan, Siegfried erwachte in Kuba und der Fliegende Holländer legte in Brasilien an, zum Leben erweckt durch zehn Weltklasse-Trompeter, die durch Klavier, Bass, Schlagzeug, Gitarren, Percussion und Streicher unterstützt wurden. Und durch drei exzellente Stimmen, die fernab von den klassischen Arien zu überzeugen wussten.

Die erste Konzerthälfte entwickelte sich allerdings zunächst einmal zu einem „Wo ist Wagner“-Suchspiel. „Sie werden bestimmt viele Motive erkennen“, versprach Sauter zwar. Doch zumindest klassische Themen waren nur schwer festzustellen, selbst der berühmte Hochzeitsmarsch war im zum Gospel umgeschriebenen und von Jazzgesang-Professor Ken Norris soulig-samtig dargebotenen „Harlem Wedding“ mindestens ebenso gut versteckt wie ein klares Bekenntnis zur Kultur in den Worten mancher Bonner Politiker. Ganz anders etwa das „Brazil Wedding“ im späteren Verlauf: Der vom einzigartigen 5-Oktav-Countertenor Edson Cordeiro mit viel Latin-Feeling gesungene Song ließ, wie eigentlich alle Werke der zweiten Hälfte, klar seine Wurzeln erkennen, ohne dabei aber wie ein bemühtes, erzwungenes Arrangement zu wirken. Ein Merkmal, das übrigens erfreulicherweise alle Stücke des Abends teilten, egal ob gerade Jazz-Elemente, Samba-Rhythmen oder Hollywood-Sinfonik dominierten. Selbst ein Rap wirkte nicht fehl am Platz.

Einen beträchtlichen Anteil daran hatten nicht zuletzt die herausragenden Musiker. „Ten of the Best“ – der Name trifft ins Schwarze. Piccolo-Trompeter Sauter hat in seiner Formation wahre Meister ihres Fachs versammelt, allen voran Lead-Trompeter Bryan Davis, der im einzigen Nicht-Wagner-Stück des Abends, dem durch Maynard Ferguson unsterblich gemachten „McArthur Park“, in für Blechbläser in der Regel unerreichbare Sphären aufstieg. Nicht minder brillant die Begleitband – und natürlich die Sänger. Neben Norris und dem für zusätzliche Stimmung und heruntersackende Kinnladen sorgenden Cordeiro glänzte auch die bezaubernde Hamburger Jazz-Sängerin Ulita Knaus, die mit ihrer verführerisch warmen Stimme sowohl alleine als auch im Duett mit Norris alle Blicke auf sich zog.

„Ich freue mich, dass sie trotz zunächst überraschter Gesichter geblieben sind“, sagte Sauter gegen Ende des Konzerts ins strahlende Publikum. Dieses konnte nur zustimmen. Denn letztlich hatten „Ten of the Best“ und ihre Freunde ihr Ziel erreicht: Einen durchaus umstrittenen Komponisten neu erfahrbar zu machen und spannende Impulse zu geben. Eine Idee, die auch dem Beethovenfest gerecht wird, das in diesem Jahr unter dem Motto „Verwandlungen“ erneut Brücken schlagen will zwischen klassischen Werken und modernen Interpretationen. Einen besseren Auftakt als das Konzert auf dem KunstRasen hätten sich die Veranstalter da kaum wünschen können.

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