Madsen: Sprünge zu des Drummers Freude

„Oh Bonn, ihr seid fantastisch!“ Was so ein bisschen Hitzeresistenz doch ausmachen kann. Madsen-Bassist Nico Maurer zeigt sich auf jeden Fall sehr angetan von den Fans, die im Bonner KunstPalast den tropischen Temperaturen Paroli bieten, fröhlich auf und ab springen und lautstark sämtliche Texte der Deutschrocker mitsingen. Auch der Rest der Band ist begeistert, von Frontmann Sebastian über Co-Gitarrist Johannes bis hin zu Schlagzeuger Sascha Madsen („ihr habt sein Herz erobert“, erklärt Sebastian) – und das obwohl sie in der Bundesstadt eigentlich noch deutlich mehr gewohnt sind.

Bei ihrem letzten Auftritt 2010, im Jubiläumsjahr der RheinKultur, spielten sie vor rund 60.000 Zuschauern („eines der schönsten Konzerte unserer Karriere“), diesmal sind es nur gut 700. Dennoch geben Madsen alles, rocken, krachen, knüppeln und klingen dabei in manchen Momenten wie die Toten Hosen. Nur leider zum Teil mit Schülerband-Sound.

Denn während Sänger Sebastian wie vom Affen gestochen über die Bühne hetzt, als charismatische Rampensau überall zugleich ist, das Publikum mitreißt und zwischen den einzelnen Stücken auch mal nach T-Shirts fragt oder die Menge bewässert, setzt der Rest der Band des öfteren eher auf Brachiales denn auf Filigranes, eher auf eine breiige Masse (im Stil der schauderhaft abgemischten Vorband „The Heart of Horror“) denn auf rockige Klasse. „Macht mal Lärm“ – dieser immer wiederkehrende Aufruf gilt eigentlich nur den Fans, doch immer wieder macht Madsen sich dieses Motto selbst zu eigen. „Ich werde manchmal gefragt, warum ich so schreie“, erzählt Sebastian. „Mir tut das eben immer wieder gut. Fragt doch mal Slayer.“ Und so wird eben regelmäßig den Metal-Heroen gehuldigt und kraftvoll geballert, der „Alarm im Paradies“ geläutet oder der Titelsong des aktuellen Albums „Wo es beginnt“ mit einem Gitarrengewitter beendet. Muss anscheinend sein; zwar nicht für den darunter leidenden Gesamtklang, aber offensichtlich für die Stimmung auf und vor der Bühne, die in diesen ekstatischen Momenten schier überzukochen droht.

Dabei können Madsen auch anders. Vor „Mein Herz bleibt hier“ setzt Sebastian gekonnt den Marvin-Gaye-Klassiker „I heard it through the grapevine“ – und auf einmal spielt die Band differenziert, strukturiert, präzise. Nur um dann um so tiefer abzurutschen. Als sich Johannes, paradoxerweise nach „Perfektion“, erst an „You are my sunshine“ und dann an „Kein Mann für eine Nacht“ versucht, schmerzen die gegröhlten Zeilen in den Ohren. Töne treffen hilft. Dann doch lieber die Karnevalsharmonien in „Love is a killer“ – in dem Stück klingt unzweifelhaft die „Suberjeilezick“ mit. Vielleicht mit ein Grund, warum der Song so ein Mitsing-, Mitspring- und Schunkelpotenzial hat und zu kollektivem Hinhocken mit anschließendem explosiven Erwachen verführt.

 Die Besinnung auf die Ursprünge, die Madsen nach dem überkonzeptionierten Album „Labyrinth“ mit „Wo es beginnt“ vollziehen wollte, ist zwar gelungen, aber nur partiell geglückt – die Rückkehr zum Garagen-Sound wäre sicherlich nicht nötig gewesen. Die Fans sind dennoch zufrieden und verlassen nach etwa anderthalb Stunden verzückt, aber auch ein bisschen wehmütig den KunstPalast, darauf hoffend, dass es nicht wieder drei Jahre dauert, bis Madsen den Weg zurück nach Bonn findet. Dann aber vielleicht doch wieder etwas gereifter.

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