Kaya Yanar: Vorsicht, Kulturschöcke!

Früher lautete die Frage „Was guckst du?!“, heute ist es eher „Was sprichst du?!“. Denn auch wenn Kaya Yanar schon immer von anderen Ländern und anderen Sitten fasziniert war, mit Sprachen ebenso gerne spielte wie mit Klischees, hat der Vielgereiste nun fast sein gesamtes Programm darauf ausgerichtet – beziehungsweise jene Mischung aus Altem und Neuem, die er im KunstPalast in der Gronau präsentierte.

„Ich liebe es zu reisen“, gestand der Comedian gleich zu Anfang. „Andere kaufen sich teure Autos, ich kaufe mir Erfahrungen.“ Gute wie schlechte. Denn Kaya ist wählerisch: Irland mag er nicht, weil es dort Guiness und Linksverkehr gibt, Frankreich, weil es dort Franzosen gibt. Auch Portugal ist für ihn nicht das richtige Land, da die Sprache immer so klingt, als ob jemand einer Katze auf den Schwanz tritt. Zu viele „Sprach- und Kulturschöcke“ für den bekennenden Tierfreund. Dann doch lieber die generalverweigernde Eidgenossenschaft Schweiz mit der todbringenden Toblerone, den alle fünf Kilometer stehenden Blitzgeräten und der zu Lachanfällen führenden Telefonsexwerbung – „aber die haben dort so einen tollen trockenen Humor“. Hilft nur leider auch nichts gegen das nervige weiße Zeug auf den Berggipfeln. „Ein Türke im Schnee – finde den Fehler“, sagt der Klischees liebende Kaya, der anscheinend noch nie in Bursa oder einem der anderen Skigebiete der Türkei war und bei seiner ersten Abfahrt auf einer blauen Piste (natürlich in der Schweiz) keine große Freude verspürte. Im Gegensatz zu seinen Freunden. Oder dem Publikum im KunstPalast.

Die längere Auszeit von Fernsehen und Bühne scheint Kaya Yanar gut getan zu haben. Spritzig ist er, witzig, temporeich – und irgendwie erwachsener. Liegt vielleicht an einer fast erfolgreichen Emanzipation von seinen alter egos Ranjid und Hakan, die im Gegensatz zu früheren Programmen nun nur noch eine Nebenrolle spielen. Oder an seiner neuen Beziehung und dem sich immer mehr aufdrängenden Kinderwunsch, der nur durch die Angst vor einem „Arschkind“ in Zaum gehalten wird. Oder auch der Tatsache, dass Kaya in diesem Jahr seinen 40. Geburtstag gefeiert hat. Smrt, der kroatische Tod, winkt schon von weitem. Schlechtes Zeichen. Dabei will Kaya eigentlich nicht älter werden, will sich lieber diesem göttlichen Designfehler verweigern und so wie Benjamin Button als Orgasmus vergehen. Wenn das doch nur so einfach wäre.

Letztlich tut Kaya das Alter gut, die Erfahrungen der vergangenen Jahre, der Ethno-Witz von Hakan und Ranjid gepaart mit einem weitaus kritischeren Blick auf die Welt als noch 2011. Denn diese beiden Figuren würden nie die amerikanische Konsumgesellschaft anprangern, die zur Fettleibigkeit vieler Bürger führt. Oder so manche Tierquälereien. Stattdessen würden sie hackedicht von einer Diskothek nach Hause fahren, der Besoffenste am Steuer. Und das auch noch gut finden. Keine guten Vorbilder für Kayas zukünftige Kinder. Dann doch lieber Kaya solo. Witzig genug ist er schließlich auch so, wie der tosende Applaus im KunstPalast immer wieder bewies. 

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