Jochen Busse: Von Hühnersprache zu TV-Duell

Fit ist er noch, kein Zweifel. Morgens Yoga, dann ein bisschen Hühnersprache für den Besuch beim Bäcker, das fördert die körperliche und geistige Gesundheit ungemein. Dann verliert auch das Altern seinen Schrecken, wie Jochen Busse in seinem ersten Solo-Programm „Wie komm ich da jetzt drauf“ beweist, das seit Mittwoch im Contra-Kreis-Theater zu sehen ist. Auch wenn der Text des „Faust“ inzwischen zum Teil den „weißen Rosen aus Athen“ gewichen ist, muss das noch lange nicht heißen, dass man zu einer beige und matschbraun gewandeten menschlichen Ruine wird, sich mit Bekannten nur noch auf Beerdigungen trifft und konsequent in der Vergangenheit lebt. Die Gegenwart hat genug Lohnenswertes zu bieten – trotz dem TV-Duell zwischen Angela Merkel und Per Steinbrück, gleichgeschalteten Talkshows, Ernährungsberatern und Frauen mit Manefaktum-Haltung.

Jochen Busse hat zu fast allem etwas zu sagen, kommt von einer Assoziation zur nächsten, verkettet Hühnersprache mit Parlamentsdebatten und „shit designern“, bringt boulevardeske Pointen sofort auf den Punkt und zeigt im nächsten Moment hintersinniges, zum Nachdenken anregendes Polit-Kabarett. Es ist eine gigantische Melange aus all jenen Themen, die den 72-Jährigen derzeit bewegen. Dazu gehören eben vor allem das Alter, die Zipperlein, die Angst vor Demenz und Treppenlift, die Saugnapf-Matten in der Dusche und der orthopädische Discofox. Die Standard-Themen also. Busse gelingt es jedoch, diese so geschickt mit einander zu verweben, dass keine Langeweile aufkommt, keine Ermüdungserscheinungen. Zumal er sich nie lange an einem Komplex aufhält, lieber weiterspringt von Ehe-Höckschen auf Politik-Stöckchen und dafür später wieder den Bogen zurück zum Ausgangspunkt schlägt. So viel Zeit muss sein. Ist ja auch kein Problem: „Mit 72 steht der Tod noch nicht vor der Tür – aber er sucht sich schon mal 'nen Parkplatz“, sagt Busse und weiß, dass so eine Suche dauern kann. Wenn auch nicht ewig. So stellt sich schon die Frage, ob man alles richtig gemacht hat, ob alles gesagt ist und ob unter den 10.000 Bildern, die eine Digitalkamera in zwei Minuten schießen kann, überhaupt der richtige Moment getroffen wurde.

Angst vor Missverständnissen scheint Jochen Busse dabei nicht zu haben, obwohl er gerne mal zur Satire greift, joggende Rentner dazu aufruft, etwas Sinnvolles für die Gemeinschaft zu tun, um die umgekehrte Alterspyramide abzusichern, und sich bewusst großväterlich an das berühmte „Früher“ erinnert. „Ab einem gewissen Alter können sie sagen, was sie wollen. Ihnen nimmt keiner mehr den Nobelpreis weg“, erklärt er mit spitzer Zunge. Oder in seinem Fall den Applaus des begeisterten Publikums (darunter auch der neue Bonner Generalintendant Bernhard Helmich), das Jochen Busse am Ende mit stehenden Ovationen ehrt und ihn im Anschluss im Foyer des Theaters noch ausgiebig feiert.

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