Wise Guys: „Wir sind nicht wie die Chippendales“

Bei jedem Wise-Guys-Konzert gibt es irgendwann, relativ am Anfang, eine kleine Umfrage. Wer ist alter, wer potenzieller neuer Fan. Manchmal bringt dies erstaunliche Erkenntnisse zu Tage: So wusste von den etwa 1800 Zuschauern, die am vergangenen Donnerstag in der Beethovenhalle zusammenkamen, einer angeblich im Vorfeld nicht, was das Quintett überhaupt macht. Antwort: Vokal-Pop. A-capella-Musik. Kein Striptease.

„In Ostwestfalen gab es einmal einen Damenclub, der dachte, wir wären so etwas wie die Chippendales“, erzählt Dän. Ähm – nein. Auch wenn die ehemalige Kölner und inzwischen 60-prozentige Hürther Band ab und zu ein paar putzige Choreografien aufs Parkett legt und Sari bei seiner Merchandise-Präsentation auch weitergehende Ambitionen zeigt, begeistern die fünf Schlaumeier in erster Linie durch ihre pfiffigen Texte und ihr Gesangstalent. Und das ist so ausgeprägt wie eh und je.

Derzeit ist die erfolgreichste deutsche a-capella-Formation unterwegs, um ihr Echo-prämiertes Album „Zwei Welten“ zu präsentieren – und ihren neuen Bass Andrea Figallo, der als Nachfolger von Ferenc Husta große Erwartungen erfüllen muss. Das gelingt dem Italiener, der früher bei den Flying Pickets aktiv war, aber bravourös: Neben den erwarteten souveränen Basslinien und „dm“-Läufen begeisterte er vor allem mit Paolo Contes „Via con me“, bei dem seine charismatische Stimme sich endlich einmal voll entfalten kann. In dieser Richtung dürfte in Zukunft ruhig noch mehr kommen. Probiert's mal mit nem Bass. Doch auch die Baritone sind gut drauf; am schwächsten wirkt noch Dän, der an einigen Begleitstellen (etwa bei „Zwei Welten“ oder „Radio“) mit leichten Intonationsproblemen zu kämpfen hat. Der Stimmung tut dies allerdings keinen Abbruch: Immer wieder steht das Publikum, jubelt, feiert, tanzt. Ob ein Dance-Medley, Klassiker wie „Ruf doch mal an“ oder ein exzessives Mitmach-Finale, der Wise-Guys-Zauber hat von seiner Macht nichts verloren. Poppige Ohrwurm-Melodien, gekonnte Arrangements und teils wirklich großartige Texte (etwa bei „Nach Hause“ oder „Leise“ mit einem sehr gefühlvollen Nils als Leadstimme) – alles passt.

Dabei ruhen sich die Wise Guys nicht auf ihren Erfolgen aus, sondern suchen ständig neue Wege, um das Publikum bei Laune zu halten. So dürfen die zwei Hürther Hip-Hopper MC Deutschmakk und Soulsprotte (Marc „Sari“ Sahr und Nils Olfert) mit ein paar fetten Raps unter anderem „Nur für dich“ verzieren. Und dank eines Missverständnisses folgt auf das Kalauerlied „Der Berg ruft“ gleich noch „Der Bär groovt“. Zudem bricht das Quintett gewissermaßen ein Tabu: Die a-capella-Formation holt Keyboard und Gitarre auf die Bühne. Bei „Zwei Welten“ haben sie sich einen langgehegten Traum erfüllt und neben einer reinen Vokalplatte eine instrumentierte Version aufgenommen, deren Klang die Wise Guys dem Publikum nicht vorenthalten wollen. Schön, aber nicht wirklich nötig. Immerhin konnte das Quintett so aber den Aufhänger nutzen, um Arrangeur Danny Gallo eine Goldene Schallplatte und Produzent Uwe Baltrusch einen Echo zu überreichen. Eine nette Geste. Selbiges gilt auch in noch stärkerem Maße für das soziale Engagement der Jungs: Eindringlich rufen sie zur Unterstützung des Projekts „Butterflies“ auf, das sich in Indien um Straßenkinder kümmert. In Bonn stößt dies nicht auf taube Ohren. Und so gehen die Wise Guys nach zwei Zugaben und Standing Ovations mit vielen neuen Fans und neuen Schmetterlingen nach Hause. Ein Abend, der sich gelohnt hat.

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