Licht und Tod – zwei Begriffe, mit denen Adonis gerne spielt. Der wohl bedeutendste arabische Dichter der Gegenwart, der regelmäßig für den Literaturnobelpreis im Gespräch ist, greift in seinen Gedichten immer wieder auf die poetischen Bilder von Helligkeit und Dunkelheit zurück, um die eigene Hoffnung in Kontrast zu den Verhältnissen in der arabischen Welt zu stellen: „Ich lebe mit dem Licht“, heißt es da in einem Gedicht, während die „Zukunft der Freiheit“ ein Land beschreibt, in dem „keine Finsternis“ herrscht.
Klassische Motive, doch derart elegant verpackt und intensiv formuliert, wie es kaum ein zweiter vermag. Einige dieser lyrischen Perlen waren am vergangenen Mittwoch im Rahmen des
deutsch-arabischen Lyriksalons im Kammermusiksaals des Beethovenhauses zu hören – in Übersetzungen vorgetragen vom deutsch-syrischen Dichter Fouad El-Auwad und der Bonner Autorin Gabriele Frings
und im Original von Adonis selbst, der erst in diesem Jahr mit dem Petrarca-Preis für sein umtriebiges Schaffen geehrt wurde und in Bonn für seine eindringlich-fließende, von vielen Gesten
begleitete Deklamation gefeiert wurde. Der ebenfalls eingeladene Oud-Virtuose Raed Khoshaba konnte allerdings nicht für die geplante musikalische Untermalung sorgen – er steckte im Stau auf der
gesperrten A4 fest.
Der 83-jährige Ali Ahmad Said, der seit fast sieben Dekaden als Adonis schreibt und publiziert, ist eine Legende. Wenn auch eine umstrittene. Einer, der sich in seinen Wortbeiträgen gegen
Diktatoren wie Assad stellt und sich doch immer wieder anhören muss, dass er sich nicht positionieren würde, weil er etwa den syrischen Rebellen seine Unterstützung verweigert. Doch Adonis geht
es um eine grundlegendere Revolution, wie er nach der Lesung im Gespräch mit dem deutsch-irakischen, die Aussagen des Literaten übersetzenden Journalisten Hasan Hussain und dem engagierten
Publikum erklärt. Nicht eine, die einen despotischen Machtblock durch einen anderen ersetzt, sondern eine, die Religion und Staat klar trennt und die Frauen von den Gesetzen der Sharia befreit.
„Mit meinen Gedichten spreche ich jene an, dies das vorbereiten“, sagt der Lyriker – der dabei sowohl Gegner in der arabischen Welt als auch in Westeuropa ausmacht, dessen Einmischung Adonis
strikt ablehnt.
Mehr als eine Stunde lang diskutieren Adonis und das Publikum unter der Moderation von Christoph Leisten. Ausufernde Fragen treffen auf häufig noch ausladendere Antworten, die Rolle der
Intellektuellen wird ebenso thematisiert wie die Stellung der Frau und die aktuellen Proteste in der Türkei. Der Gesprächsbedarf ist offenbar groß. Jetzt müssen die liberalen Ideen nur noch an
den richtigen Stellen ihre Wirkung entfalten.
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