„Manche Dinge kann man nicht erklären“, sagt Lars Niedereichholz. Etwa, warum „Mama“ herauskommt, wenn man alle Buchstaben in dem Wort „Bier“ austauscht. Metaphysisch nennt Lars das. Ah ja. Das bezieht sich dann wahrscheinlich auch auf die Pinguinheizung, die er gegenüber seinem Bühnenpartner Ande Werner im Haus der Springmaus verteidigt, oder den spontanen Hass auf Giraffen. Muss man nicht verstehen, um darüber zu lachen – und damit auch nicht erklären. Was auf einen Großteil des neuen Mundstuhl-Programms „Ausnahmezustand“ zutrifft.
Mit einer geballten Ladung Brachialkomik geht das Frankfurter Duo zum Angriff über, streitet sich über den Glaubwürdigkeitsgehalt von Schlagertexten, verkleiden sich als Ralf Zacherl und DJ Ötzi
– oder schlüpfen in einige ihrer berühmten Rollen. Natürlich sind Dragan und Alder mit an Bord, die Vorzeige-Prolls, die aber nach eigenen Aussagen inzwischen etwas erwachsener geworden sind:
Ersterer fährt jetzt immerhin einen 5er BMW und plant ein freiwilliges asoziales Jahr, letzterer trinkt Aperol Schipiritz und überlegt, Blumentopferde zu kaufen. Zum Reiten (Vorsicht:
Kalaueralarm in der Endlosschleife). Daneben gibt es ein Wiedersehen mit den ostdeutschen Plattenbaujungmüttern Peggy und Sandy, die mit erkälteten Dschihad-Freunden, Periodenproblemen und „röten
Fäden“ zu kämpfen haben, sowie den Erfinder- und Verkaufsgenies Bob und Bob, die mit Toastern und Wasserkochern gegen Arbeitslosigkeit und Alimente vorgehen wollen.
Doch manchmal übertreiben Lars und Ande es mit der Senkung des Niveaus etwas zu sehr. So sind die Video-Einspieler mit „Mundstuhl im Wald“ über Wichsen, Tarnen und Klimawandel einfach nur
peinlich, banal statt brachial und damit noch unter dem Level der demütigenden Siegfried-und-Roy-Nummer, bei der das Duo aber zumindest auf der Bühne erkennen lässt, wie bewusst es sich der
eigenen Albernheit ist. Immer wieder lachen die beiden über sich selbst, fallen teilweise sogar für Sekundenbruchteile aus ihren Rollen oder in andere hinein. Selbstreflexionen, die nötig sind,
aber auch Sympathie erzeugen. Und zur Abgrenzung dienen. „Wir sind ja nicht bei Hirschhausen“, sagen die beiden an einer Stelle. Stimmt. Der würde mit einer Pinguinheizung auch nicht sonderlich
glücklich werden, während Lars und Ande wahrscheinlich nur versuchen, mit dem nordischen Geflügel noch etwas Produktives anzustellen, bevor es aufgrund der schmelzenden Antarktis im Meer
ertrinkt. Nutze was du hast. Im Notfall eben Pinguine. Oder Sand im Po, den Mundstuhl zum Thema ihres Abschlusssongs nimmt und damit das fröhliche Publikum zum lautstarken Mitsingen animiert.
Warum? Wer weiß das schon. Man muss schließlich nicht alles erklären.
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