Jean Faure: Eine fantastische Reise von Paris bis Réunion

Draußen dreht sich alles um einen Ball, drinnen um Liebe, Tod und Revolten: Ausgerechnet am Tag des Champions-League-Finales zwischen Borussia Dortmund und Bayern München hat Bonns Vorzeige-Franzose Jean Faure im Pantheon mit seinem neuen Programm „Tour de France“ Premiere gefeiert – und vor vollem Haus eine Pokalwürdige Meisterleistung abgeliefert. Frisch, spritzig und mit viel Gefühl nahmen er und seine exzellente Band die Gäste mit auf eine musikalische Reise von Paris über das Elsass bis nach Quebec und zur Insel Réunion, zauberten einen traumhaften Chanson nach dem anderen aus dem Hut und machten jeden einzelnen dank enormer Spielfreude und einem bemerkenswerten Variationsreichtum zu einem Erlebnis.

Faures Ziel war es, nach zwei erfolgreichen Best-of-Programmen mit den weltbekannten Hits von Jacques Brel, Charles Trenet und den anderen Chansonniers einmal jene Stücke in den Mittelpunkt zu rücken, die in Deutschland eher unbekannt sind. Eine Entdeckungstour sollte es werden, flott-swingend die Route Nationale 7 herunter, über die von Georges Brassens besungene Auvergne nach Lyon, dort mit einem in seiner Schlichtheit beeindruckenden Trauermarsch an den Weberaufstand erinnernd, weiter in das von Claude Nougaro mit einer Hymne bedachte Toulouse, dann Schleichwege nach Belgien und Kanada entdeckend, immer unterwegs, immer wieder etwas neues erfahrend, neue Klänge, neue Melodien, neue Genüsse, die dank kleiner Einleitungen und Übersetzungen auch dann erschließbar waren, wenn die Französisch-Kenntnisse nicht auf Top-Niveau waren. Es genügte auch, einfach nur Jean Faure zuzuhören, der mit seiner unvergleichlichen Stimme einen großen Sänger nach dem anderen wieder zum Leben erweckte, bei „Le plat pays“ genau so wie Jacques Brel intonierte oder bei „Ma solitude“ wie der leider erst kürzlich verstorbene Georges Moustaki und dennoch immer authentisch blieb.

Nicht minder erstklassig agierte das fünfköpfige Orchester, das ein ums andere Mal neue Ansätze wählte und mit genialen Arrangements einige der Originale in die zweite Reihe drängte. So wurde aus Felix Leclercs schmalzig-trägem Schlager „Bozo“ eine feine Bar-Jazz-Nummer mit brillanten Bass-Partien (Markus Quabeck), während bei Maxime Le Forestiers ursprünglich nur mit Gitarre gespieltem „San Francisco“ ein zurückhaltender, aber angenehm präsenter Satz mit gefühlvollen Drums (Dirk Ferdinand) für eine zusätzliche Qualität sorgte. Wunderschön auch das filigrane Gitarrenspiel von Kristaps Grasis, etwa bei dem von Jean Ferrat vertonten Aragon-Gedicht „Que serais-je sans toi“, sowie das virtuose Klavierspiel Hedayet Djeddikars, der allerdings nur selten das volle Ausmaß seine Fähigkeiten unter Beweis stellen, aber immerhin bei Erik Saties „Première Gymnopédie eine beeindruckende Ausdrucksstärke präsentieren konnte. Und dann war da noch Arrangeur und Bandleiter Matthias Höhn, der so ziemlich jedes Instrument zu spielen vermochte, was noch irgendwie fehlte, der zwischen Concertina, Saxofon, Dudelsack, Duduk und Charango wechselte, so erst das von der Folk-Rock-Band Malicorne in den 70er Jahren populär gemachte Traditional „L'écolier assassin“ in voller Bandbreite spielbar machte und ansonsten immer für jenen besonderen, ausgefallenen, exotischen Touch zuständig war, der das Konzert auszeichnete. Mit dieser Mischung und einem bestens gelaunten, charmanten Jean Faure sorgten die Musiker in der Chanson-Champions-League für einen Erfolg nach dem nächsten. 26:0 hieß es am Ende. Super.

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