Der Mittermeiersche Masterplan ist ganz einfach: In der ganzen Welt werden Oktoberfeste organisiert, deren Wiesn-Zelte als Trojanische Pferde für die Lederhosen-Taliban dienen. Dann wird jede Menge Alkohol ausgeschenkt, bis alle gleichermaßen betrunken sind und sie selbst in Katar anfangen, im kollektiven Blackout bayrische Volkslieder zu singen und Hansi Hintersser zuzujubeln. In diesem Moment übernimmt der Michl die Macht, rettet den Kiwi mit einem bayrischen Haka vor dem Aussterben und zitiert im Falle eines Scheiterns Bob Ross: „We don't make mistakes here, just happy little accidents.“ Weltherrschaft mit Humor. Und gelegentlichen indoktrinierten Saufexzessen, damit der Filmriss Bestand hat.
Soweit die Theorie. In der Praxis muss Michael Mittermeier noch ein bisschen an seinem Vorhaben feilen. Denn ganz rund ist die als neues Programm getarnte Strategie bisher nicht. Doch schließlich
ist der Vorzeige-Komiker genau aus diesem Grund ins Pantheon gekommen und hat zur Vorpremiere geladen: Um vor der Öffentlichkeit seine Darbietung auf Fehler abzuklopfen. Mit dem Ergebnis kann er
durchaus zufrieden sein – nur gelegentlich kam er aus dem Konzept oder stolperte über thematische Übergänge zwischen den durch einen noch recht verworrenen roten Faden verbundenen Aspekten seines
Plans. Dafür waren seine wichtigsten Waffen einsatzbereit: Die Gags zündeten, die Grimassen kamen von selbst, der Lachfaktor war hoch. Deutsche Wertarbeit eben. Mit der humorigen
Durchschlagskraft eines Leopard-2-Panzers.
Natürlich musste Mittermeier auch erklären, warum er sich zur Operation Blackout durchgerungen hat. Und so schlug der Bayer zuweilen ernste Töne an, kritisch-kabarettistische und immer
satirisch-überzogene. Er regte sich über Berlusconi auf („der ist zum vierten Mal an der Macht – wir haben nach einmal Hitler aufgehört“), den er, darauf legte er Wert, nicht als Clown
titulierte, witzelte über die sexuelle Belästigung durch Dirndl-Komplimente und wunderte sich über die Ähnlichkeit dieses Kleidungsstücks mit dem EU-Rettungspaket, das die hässliche
Bilanzschlampe notdürftig aufhübscht, bis einer auf die Idee kommt, die Corsage aufzuschnüren. Was automatisch zu einem Blackout führt.
In gewohnt frecher Weise galoppierte Michael Mittermeier in einer Tour de Force durch die Weltgeschichte, ließ sich von den Maori und Shaun dem Schaf inspirieren und blieb jederzeit souverän. Als
eine Mutter während der Vorstellung einen Anruf ihres Sohnes bekam, der fragte, ob er jetzt ins Bett müsse, nahm der 47-Jährige das Telefon einfach selbst in die Hand und gab seinem jungen
Gesprächspartner ein paar hilfreiche Tipps für Aktivitäten in einer sturmfreien Bude, bevor er wieder hineinsprang in seine Erörterungen zu sicheren Atomkraftwerken, Würstchen-Spielchen, der an
einen sich selbst abtastenden Junkie erinnernden Freiwilligen Bankenkontrolle und ganz bestimmten 35 Zentimetern auf einer Berner Erotikmesse. Immer wieder am Rande der Obszönität, nur um kurz
darauf wieder bewundernswert pointiert zu sein: Das ist die Mittermeiersche Spezialmischung und Teil seiner Strategie. Die, dem Applaus des Publikums nach zu urteilen, sogar aufgehen
könnte.
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