LOL: Frischlinge mit Interaktionsproblemen

Natürlich geht es um Integration. Worum auch sonst. Immerhin stehen vier junge Comedians mit kanadischen, türkischen, afghanischen und polnischen Wurzeln auf der Bühne der Post-Tower-Lounge, da muss das Thema zwangsläufig kommen. Ist vielleicht bereits ein Vorurteil. Aber eins, das bei der aktuellen Ausgabe von „LOL – das Comedy-Start-Up“ in drei von vier Fällen bestätigt wird. Integrationsprobleme also. Nun gut. Könnte ja trotzdem unterhaltsam sein. Wenn sich nicht einige der Newcomer zugleich über ihre Interaktion mit dem Publikum Gedanken machen müssten.

So etwa Faisal Kawusi. Der Frankfurter Bänker, der mit seiner korpulenten Statur ebenso kokettiert wie mit seiner afghanischen Herkunft, zeigt extrem viel Talent, verfügt über ein gutes Timing und einen starken Witz, fokussiert sich aber noch zu sehr auf die Zuschauer. Immer wieder fordert er sie auf, mehr zu lachen, spricht sie auch gerne direkt an, hat dann aber die Tendenz, die Antwortenden vorzuführen, unterstellt einem Jugendlichen ohne feste Freundin gleich mal homosexuelle Neigungen und geht damit eindeutig zwei Schritte zu weit. Schade, denn abseits dieser Fauxpas und der teils unnötig niveaulosen Kommentare über Männer-Fürze liefert Kawusi einen exzellenten Auftritt ab.

Männer-Fürze greift auch Alicja Heldt auf – ebenso wie Gröhl- und Fick-Lieder, authentische Talkshow-Aussagen und Kackwurst-Witze. Ach ja, und als gebürtige Polin natürlich noch Witze über ihre Landsleute. Doch der Versuch, in die Schuhe von Carolin Kebekus zu schlüpfen, scheitert an einem Wust von Klischees, die eben nicht satirisch gebrochen werden. Es fehlt an Feinschliff und an der finalen Konsequenz, um ein derartiges Programm vom Bodensatz der Fäkal- und Assi-Comedy auf das intendierte hohe Niveau zu heben – ein Ziel, das Heldt durchaus zu haben scheint. Doch noch funktionieren ihre Ironie und ihr Sarkasmus nicht, zumal es zugleich an einer klaren Abgrenzung zu den ähnlich agierenden Künstlern mangelt.

Moderiert wird „LOL“ von Luke Mockridge und Meltem Kaptan. Und auch hier zeigen sich partielle Interaktionsprobleme: Während Mockridge souverän agiert, seine Gäste charmant mit einem kleinen Lied ankündigt, sich ansonsten dezent zurückhält und lediglich in einem kleinen Solo ein beeindruckendes Gag-Dauerfeuer entfacht, wirkt seine aufgedrehte Kollegin bei ihren Fragen nach Frühlingsgefühlen beinahe unangenehm aufdringlich und in den beiden von ihr organisierten Minispielen mit Faisal Kawusi und Alicja Heldt wie eine Aida-Clubschiff-Animateuse. Eine Frühlings-Scharade und ein Turbo-Bauchtanzkurs? Wirklich? Gut, letzterer ist der Tatsache geschuldet, dass das Playback zum eigentlich geplanten Integrationslied der türkischen Künstlerin hängt und das Publikum so der einzigen Möglichkeit beraubt wurde, die Solo-Comedy-Qualitäten Meltem Kaplans zu beurteilen, doch zwei dieser schon auf Geburtstagen und Hochzeiten nur mit großem Argwohn zu betrachtenden Mitmach-Aktionen sind mindestens eine zu viel. Dann lieber mehr von Luke Mockridge, der mit seiner lockeren Professionalität überzeugt. Und wenigstens nicht über Integrationsprobleme redet. 

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