The Grandsheiks: Der mit dem Hund tanzt

Der Star des Abends ist eine Handpuppe. Ein kleiner wuscheliger Kläffer, der die stinkenden Füße seines enge Pythonlederstiefel tragenden Herrchens nicht mehr ertragen kann und diesen anfällt. Mitten auf der Bühne, sehr zur Begeisterung des Publikums in der Harmonie. Ein verrückter Moment – und doch ein großartiger. Es ist eine dramaturgische Verbeugung vor Frank Zappa, eine kleine Prise szenischen Wahnsinns in einem Konzert, das ansonsten vor allem musikalisch einem der großen Genies des Rock huldigt, einem Dadaisten, Satiriker und Innovator, dessen Kompositionen so komplex sind, dass sich heutzutage viele lieber leichter zugänglichen Stücken zuwenden als der wilden Mischung aus Rock, Jazz und Neuer Musik.

Der haben sich die Grandsheiks gewidmet, die auf der Harmonie-Bühne von einem umjubelten Solo ins nächste stürzen: fünf erstklassige Instrumentalisten und ein Sänger, dem man seine Schauspielerfahrung bei jeder Bewegung, jeder Grimasse anmerkt. Selbst im Kampf mit der Hundepuppe.

Die kommt bei „Stinkfoot“ zum Einsatz, einem der textlich absurderen Zappa-Stücke, die die Grandsheiks im Programm haben. Frontmann Maximilian Hilbrand genießt es, lässt die Sau raus, die mit dem Hund spielen darf, meistert den wechselhaften Gesang und brilliert bei den immer wieder auftauchenden Sprechpassagen. Dazwischen tanzt er zu den umfangreichen Soli seiner Mitmusiker, bejubelt auf seine Weise die Gitarristen Jörg Heuser und Thomas Schmittinger oder den herausragenden Saxofonisten Daniel Guggenheim, dessen Begeisterung für John Coltrane aus jeder Note strömt und die eine hervorragende Ergänzung zur im Saal herrschenden Zappamanie ist. Vor allem die Guggenheim-Ausführungen werden begeistert aufgenommen, zu denen Bassist Andi Mertens und Drummer Christian Majdecki das nötige und nicht minder komplexe Fundament legen.

Inhaltlich versuchen die Grandsheiks, alle für Zappa relevanten Themen abzudecken. So spielen sie mit „Dirty love“ und dem homoerotischen „Broken hearts are for assholes“ Stücke über sexuelle Ausprägungen, lassen allerdings den wohl bekanntesten Song Zappas, „Bobby Brown“, außen vor. Vor allem aber gibt es die kabarettistisch-kritischen Songs wie „Trouble every day“ (über die Rassenunruhen in den 60er Jahren) oder „I'm the slime“ (über die Macht des Fernsehens) zu hören – und eben jene dadaistischen Stücke wie „Stinkfoot“, „Montana“ oder das rhythmisch extrem herausfordernde „Inca Roads“, das die Band bravourös umsetzt und bei dem auch endlich einmal Bassist Merlens etwas in den Vordergrund treten darf.

Beinahe ohne Pause gehen die verschiedenen Songs ineinander über, vermischen sich zu einer riesigen Zappa-Collage voller Blödsinn und Ernsthaftigkeit, voller Rock-Gitarren, Jazz-Soli und von Igor Strawinski inspirierter Harmonien. Beeindruckend, gar genial, wenn auch nicht immer leicht konsumierbar. Doch die Konzentration des Publikums bleibt ebenso beständig wie ihre Begeisterung. Dank einer tollen Band mit einem herausragenden Saxofonisten, einem charismatischen Sänger – und einem wuscheligen Hund.

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