Irgendwie erinnert die Szenerie an die Verhandlung in „Alice im Wunderland“. Nur deutlich länger, komplexer und absurder. Und ohne jemanden, der kontinuierlich Köpfe rollen sehen will. Vor Gericht: Comedian Rick Kavanian, der seine Parkscheibe verstellt haben soll. Den Vorsitz in der Verhandlung im Pantheon führt der Austausch-Richter Benjamin G. Franklin, der eigentlich lieber Golf spielen möchte und wie Jochen Busse klingt, den Staat vertritt der an Obst-und-Gemüse-Tourette leidende Ober-Ossi Jens Maul aus „Traumschiff Surprise“.
Hinzu kommen noch andere seltsame Gestalten, darunter ein fest angestellter rumänischer Hauptbelastungszeuge, ein Hamburger Lude, Gerichtspsychologe Jürgen Klinsmann, Ober-Gastronom und glühender
Ingwer-Verteidiger Alfons Schuhbeck sowie die beiden alten Freunde Dimitri Stoupakis jr. und Giagl. Einen Verteidiger gibt es nicht, braucht es auch nicht. Oder doch? Denn klar ist – sonderlich
viel Unterstützung erhält Kavanian nicht. Und das, obwohl er alle Rollen selbst spielt. „Schizophrenie, jetzt oder nie“, ruft er einmal inmitten seines Programms – und stürzt sich wieder ins
Getümmel.
In beeindruckendem Tempo springt das ehemalige Bullyparade-Mitglied von einer Figur zur nächsten, setzt auf ein wenig Mimik und Gestik sowie auf sein Stimmimitations-Talent. Von wegen innerer
Monolog – bei Kavanian wird daraus ein offener Quintalog, ein köstlich-absurdes Gespräch permanent aneinander vorbeiredender und sich profilierender Charaktere, jeder mit eigener Sprechweise und
speziellem Akzent. Teilweise wechselt Kavanian allerdings etwas zu schnell, wirkt in manchen Momenten hektisch, will grundsätzlich zu viel unterbringen und überfrachtet damit letztlich das
gesamte Programm. Warum imitiert er etwa die Klitschkos und betreibt dabei auch noch verbale Produktplatzierung für die von den Boxer-Brüdern beworbenen Marken? Und was sollen die Ausflüge in
sein Privatleben, die zwar unterhaltsamen aber dennoch fehl am Platze wirkenden Exkurse über Ayuveda-Urlaub oder über Rap-Musik mit Oxford-Englisch und Französisch, die Kavanian noch nicht einmal
in die ohnehin schon verworrene Gerichtshandlung einbindet? Fehlten Ideen, um letztere auf ein vernünftiges Maß aufzubauschen und mit etwas Struktur zu versehen? Oder ist es nur ein Egotrip im
„Egostrip“?
Auch sonst bleibt Kavanian nicht auf einer Linie, schneidet viele kritische Themen an, verfolgt sie aber leider nicht konsequent weiter. Hier ein paar Gedanken zu Prostitution und Nachhaltigkeit,
da Ideen zur Griechenland-Rettung, dann wieder berechtigte Kritik an den niedrigen Löhnen für Putzfrauen – doch alles wird in dem strukturellen Wirrwarr lediglich angekratzt, im Vorbeigehen
gestreift, weil es eben gerade zu den Charakterzeichnungen von Bertram Lude, Dimitri Stoupakis und Reinigungsfachkraft Mandy passt. Dabei böte gerade das Setting einer Gerichtsverhandlung so
viele Möglichkeiten, zumal mit Kavanians phänomenaler Wandlungsfähigkeit, die das Publikum immer wieder zu begeistertem Beifall animiert. Doch letztlich ist es genau das, was am Ende übrig
bleibt: Berechtigt tosender Applaus für die Figurenvielfalt und die Parodien – aber nicht für die Inhalte. Die sind leider Makulatur.
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