Politischer Aschermittwoch: Kabarettistische Mogelpackung

Eigentlich ist der politische Aschermittwoch eine Sache der Parteien. Ein Tag, an dem die Granden die Basis nach den wilden Karnevalstagen wieder mit polemisch-derben Attacken gegen den politischen Gegner wieder vereint und tagesaktuelle Debatten zu führen versucht. Eine Tradition, der sich auch Kabarettisten stellen können und sollten – es sogar müssen, wenn sie sich unter dem entsprechenden Namen zusammenfinden. Doch was nun im Bonner Pantheon als politischer Aschermittwoch verkauft wurde, war letztlich nicht viel mehr als eine komödiantische Entsprechung zum Pferdefleisch-Skandal. Denn das was draufstand, war kaum drin.

Vor allem in der ersten Hälfte des Programms war allein schon die Idee von politischem Kabarett Wunschdenken – was zu einem nicht unerheblichen Teil sicherlich daran lag, dass das Pantheon zwar einige gute Nachwuchskünstler eingeladen hatte, die sich aber üblicherweise in anderen Gefilden tummeln und den Abend eher als Werbeplattform für die eigenen Solo-Touren sahen. So nahm sich René Steinberg zunächst das inzwischen hinlänglich ausgelutschte Klischee der ewig nörgelnden Deutschen vor (was er immerhin kreativ und gut umsetzte, bis er den Fehler machte, in den Pippi-Langstrumpf-Gesang zu verfallen), spottete dann über den Rücktritt von Benedikt XVI. („Der Prinz kütt, der Papst geht“) und stimmte schließlich einige Lieder für den emanzipierten Mann an, die leider eher an eine missglückte Karaoke-Show erinnerten – aber von Politik keine Spur. Ähnlich erging es Thomas Lienenlüke, der wenigstens singen konnte, und Barbara Ruscher, die zwar zu Anfang ihrer zehn Minuten am Klavier bissige Kommentare abließ und damit in die richtige Richtung unterwegs war, dann aber doch in Auszüge aus ihrem eigenen Programm zurückfiel. Ebenfalls wenig zielführend war Norbert Alichs Arie aus der „Fledermaus“, die wohl nur dafür gedacht war, dem Operetten-Fan einen Sangesauftritt zu gewähren. Und Thomas Kreimeyer? Sprach mit dem Publikum über Nudeln und Kartoffeln, führte dabei teilweise seine Opfer vor und wirkte stellenweise wie ein in die FAZ gewickelter Großinquisitor. Im richtigen Rahmen vielleicht ganz nett – im politischen Aschermittwoch aber völlig fehl am Platz.

Etwas, wenn auch nicht viel besser wurde es nach der Pause. Dave Davis, der ja eigentlich gerne politisches Kabarett machen möchte, blieb als Klomann Motombo Umbokko hinter seinen Möglichkeiten zurück, sprach viel über Integration und – mal wieder – die jammernden Deutschen, bis er dann endlich einen kurzen Ausblick auf die in diesem Jahr stattfindende Bundestagswahl wagte und sich selbst als Kandidat ins Gespräch brachte, um der Bundesrepublik den „African Way of Life“ näherzubringen. Dagegen setzte der erneut auftretende Thomas Lienenlüke weiter auf seine witzigen Songs, die gut ankamen, aber mit Ausnahme des eher schwachen Liedes über twitternde Sozialdemokraten wie schon früher am Abend fehl am Platz waren. Barbara Ruscher hatte da wenigstens ihre Sprüche zum Betreuungsgeld parat. Und dann kam der zu Anfang mäßige René Steinberg – und war endlich da, wo er und die anderen schon die ganze Zeit über hätten sein müssen. Bei dem von einem Fettnäpfen ins nächste tretenden Steinbrück, dem „bayrischen König der Verarschungsrhetorik“ Seehofer und all den anderen Quasselstrippen, die Steinberg mit Interview-Schnipseln entlarvte. Hätte der Abend so begonnen und sich dann gesteigert, es hätte tatsächlich das werden können, was so großmundig im Titel angekündigt worden war. War es aber nicht. Stattdessen sorgten Künstler, die sich kaum der tagesaktuellen Debatten annahmen (Schavan und ihre Nachfolgerin Johanna Wanka, der Strompreisstreit zwischen Rösler und Altmaier, die Selbstzerfleischung der Piratenpartei, der Einsatz der Bundeswehr in Mali und vieles mehr) dafür, dass der Abend zwar durchaus lustige Momente hatte – aber eben auch eine Mogelpackung war.

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