Die Harmonie tobt. Dank einigen Altmeistern des Bluesrock. Kernig, kräftig, stark: Maggie Bell und Miller Anderson geben zusammen mit der Hamburg Blues Band alles, einen Klassiker nach dem nächsten, mit einer Energie, die Ihresgleichen sucht. Rock-Opas und -Omas werden die Vertreter jener Generation von Woodstock-Veteranen oft verächtlich genannt, doch die dadurch evozierten Bilder von beige tragenden Nordic-Walker-Greisen sind nun wirklich völlig fehl am Platz. Ganz im Gegenteil. Was die 67-Jährige Queen of Rock und ihr langjähriger Gitarrenfreund an diesem Donnerstag abliefern, dürfte bei vom weichgespülten Radio-Pop verhätschelten Enkeln für fallende Kinnladen sorgen.
Bell, die schon früher gerne als brittische Antwort auf Janis Joplin angesehen wurde, schmettert im zweiten Teil des Konzerts mit whiskeyrauer Stimme Songs von ihrer alten Band Stone the Crows
(etwa „Penicillin Blues“), Blues-Legende Freddie King („Palace of the King“) oder dem Reibeisen-Meister Tom Waits („Down in the Hole“) und perfektioniert damit die ohnehin schon grandiose Truppe
um HBB-Frontmann Gert Lange und den exzellenten Miller Anderson. Der begeisterte schon seit bei ersten Tönen: Dauerpräsent, mit herausragenden Soli, dennoch nie die anderen Musiker übertönend,
nie sich selbst produzierend. Ein Merkmal, dass er mit seinen Bühnenkollegen teilt. Selbst die eigenen Songs, zu denen Anderson auch ans Mikro tritt (etwa „Think it over“ oder dem
Keef-Hartley-Band-Klassiker „Just to cry“), stellt der Saitenzauberer nicht extra heraus, sondern vielmehr in den Dienst des harmonischen Gesamteindrucks.
Das Ergebnis ist ein Genuss erster Güte. Dann kommt Maggie Bell, und erst jetzt bemerkt der Zuhörer überrascht, dass zuvor tatsächlich noch etwas gefehlt hat, jene spezielle Note, die aus dem
Besonderen das Großartige macht. Mit ihrem Charisma stellt die schottische Rockröhre selbst Gert Lange in den Schatten, der bereitwillig den Schritt zurück macht, nach hinten geht zu dem stoisch
agierenden Bassisten Michael Becker und dem ekstatisch über Toms und Becken jagenden Drummer Hans Wallbaum, mit denen er inzwischen dreißigjähriges Bühnenjubiläum feiert. Respekt vor dieser
kollektiven Weltklasse-Leistung. Dagegen sehen viele jüngere Musiker ziemlich alt aus.
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