Lisa Canny: Rock mit Harfe

Die Musik der grünen Insel steht in diesem Jahr im Fokus des beliebten „Over the Border“-Weltmusikfestivals. Gleich zwei Abende sind den Iren gewidmet – und beschränken sich ganz bewusst nicht nur auf die klassischen Jigs und Reels, auf „Molly Malone“ und „The Foggy Dew“. Im Pantheon hat nun vor allem Lisa Canny eindrucksvoll gezeigt, wie Tradition und Moderne in Einklang gebracht werden können. Schon als Teenagerin hat sie beim renommierten Wettbewerb des Musikfestivals Fleadh Cheoil na hÉireann Siege errungen, gleichzeitig hat sie sich für Pop, Jazz und Hiop Hop begeistert. Inzwischen hat sie die beiden Seiten verschmolzen, holt aus ihrer Harfe ebenso sanfte Arpeggios wie harte Riffs heraus und erweist sich als gefühlvolle, aber auch überaus kraftvolle Rockröhre mit einer unglaublichen Live-Präsenz.

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B.C.U.C.: Liebesbotschaften mit Afro-Techno

Schweigen ist nicht. Schon bei der ersten Ausgabe des Bonner Weltmusikfestivals „Over the Border“ im Jahr 2016 haben Künstlerinnen und Künstler klar Stellung bezogen gegen Gewalt, Rassismus und Intoleranz. Seit vergangenem Sonntag steht nun einmal mehr Musik aus 29. Nationen im Mittelpunkt. Insgesamt 14 Abende hat Organisator Manuel Banha konzipiert, 14 Abende, an denen Grenzen überschritten und Gemeinschaft zelebriert wird. Unter anderem greift das Festival auch das Motto „Silence is Violence“ auf – und das spielt schon am Eröffnungsabend in der Harmonie eine entscheidende Rolle.

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„Games in Concert“: Nicht nur für Nerds

Filmmusik zu spielen, ist für Orchester längst keine Seltenheit mehr, zumal damit ein Publikum in die Konzertsäle gelockt wird, das für klassische Musik nur bedingt empfänglich ist. Der Soundtrack von Computerspielen steht dagegen so gut wie nie auf dem Spielplan, obwohl auch diese zum Ziel hat, die Wahrnehmung bestimmter Sequenzen zu verstärken und die Handlung auf dem Bildschirm um eine zusätzliche Ebene zu erweitern. Nun hat sich das Beethoven Orchester Bonn des Genres angenommen – und sich dabei nicht lumpen lassen. Neben dem Klangkörper selbst, das diesmal auch über einen Rock-Kern mit E-Gitarre und Schlagzeug verfügt, standen im ausverkauften Telekom Forum mit Vox Bona sowie Bonn Voice gleich zwei Chöre auf der Bühne; hinzu kam Gast-Sängerin Aisling McGlynn, Mitglied der irischen Vokalformation Anúna und seit einigen Jahren als Solistin erfolgreich. Geleitet wurde der Abend von der furiosen Eímear Noone, eine der weltweit führenden Komponistinnen und Dirigentinnen von Spielemusik.

Schon der Auftakt, eine Suite aus dem Online-Spiel „World of Warcraft“, erwies sich als opulentes Klangfeuerwerk, gefüllt mit heroischem Pathos und enormer Dynamik. Kein Wunder angesichts der epischen Geschichte, die im Spiel erzählt wird – ein Prinzip vieler vergleichbarer Titel. Auch die Suite von „Dragon Age: Inquisition“ folgte diesem Schema, ebenso wie ein weiteres Stück aus „World of Warcraft“, das von Noone selbst komponierte „Malach, Angel Messenger“, das in einigen ruhigeren Passagen dem klagenden Ton einer Duduk Raum ließ.

Bei der Zusammenstellung des Programms hatte sich Noone natürlich zum Teil von persönlichen Vorlieben leiten lassen, gleichzeitig aber versucht, die ganze Bandbreite der Spielemusik zu präsentieren. So setzte eine Suite aus „Fortnite“ auf wuchtige E-Gitarren und einen Metal-Ansatz, ein Nintendo-Medley mit Reminiszenzen an „Super Mario World“ und „Legend of Zelda“ auf kecke Melodien (und das Nostalgie-Gefühl der Gamer-Gemeinde), sowie „The Last of Us“ mit der melancholischen Ballade „All Gone“ auf berührende Cello-Töne. Auch das „Lullaby of Woe“ aus der düsteren „Witcher III“-Erweiterung „Blood and Wine“ begeisterte, nicht zuletzt wegen Aisling McGlynn, die mit ihrer hauchigen Stimme vor allem in den Altlagen für Gänsehaut sorgte – in den Höhen (etwa bei „Memories of my Soul“ aus Chrono Cross“) erschien sie dagegen mitunter ein wenig dünn. Beim großen Finale mit „Legends Never Die“ konnte sie dagegen noch einmal alles geben, ebenso wie der Chor und das starke Orchester. Das Publikum bedachte alle Beteiligten mit stehenden Ovationen und lang anhaltendem Applaus.

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„Schlachthof 5“: „So geht das“

Manchmal kann man einfach nichts ändern. So ist das eben, heißt es dann mit einem resignierten Schulterzucken. Oder „So geht das“. Diese Phrase aus der deutschen Übersetzung von Kurt Vonneguts post-modernem Meisterwerk „Slaughterhouse Five“ ist in der Inszenierung am Theater im Ballsaal allgegenwärtig. Immerhin ist es die Handlungsunfähigkeit, die die Handlung bestimmt, die individuelle Machtlosigkeit angesichts von Krieg und noch nie gesehener Zerstörung. Es ist daher nur konsequent, dass Regisseur Frank Heuel eine collagenähnliche szenische Lesung des Stoffes auf die Bühne bringt und kein Theaterstück im herkömmlichen Sinne, das angesichts zahlreicher Zeitsprünge des Protagonisten ohnehin nur schwer umzusetzen sein dürfte.

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Jan Philipp Zymny: „Ich schneide die Wahrheit orthogonal“

Ein bisschen irre ist Jan Philipp Zymny schon. Na gut, mehr als ein bisschen. Der gehobene Blödsinn, den der 30-Jährige im Rahmen seines aktuellen Programms „Quantenheilung durch Stand-Up-Comedy“ im Laufe von gut zwei Stunden verzapft, passt letztlich auf keine Kuhhaut. Doch es ist die Kunst Zymnys, dies alles in einen ebenso absurden wie komischen Abend zu transformieren, der mehr ist als die Summe der einzelnen Teile. Im Pantheon hat er nun Geschichten aus seinem Leben erzählt, bei denen er es mit der Wahrheit nicht ganz so genau nimmt – und hat gleichzeitig einige sehr ernste Themen angeschnitten, die ganz bewusst nicht lustig sind. Aber wichtig.

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Laufey: Ein bisschen retro

Das Carlswerk Viktoria ist gut gefüllt, vorwiegend mit jungen Menschen, von denen einige – so erzählt es jemand vom Sicherheitsdienst – offenbar noch mit einem Muttizettel unterwegs sind. Doch statt einer wilden Party ist höchstens entspanntes Swingen angesagt. Unter anderem zu „Misty“. Ja, „Misty“. Der Jazzschlager von Eroll Garner. Ein Lied, das 70 Jahre alt und auf einmal wieder in ist, und zwar dank der isländisch-chinesischen Sängerin Laufey Lin Bing Jónsdóttir, die unter ihrem Vornamen insbesondere bei sozialen Medien wie Tiktok eine beträchtliche Anhängerschaft um sich geschart hat. Auf ihrer „Bewitched“-Tour ist sie nun auch nach Köln gekommen und erreicht dort, woran sich andere die Zähne ausgebissen haben: Sie begeistert die Generation Z für den Jazz. Und den Bossa Nova.

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Tingvall Trio: Im Zeichen der Vögel

Schon seit Jahren kann sich das Tingvall Trio einer großen Fan-Gemeinde in Bonn sicher sein, wie etliche ausverkaufte Einzel- und Doppel-Konzerte in der Harmonie hinlänglich bewiesen haben. Aber mal gerade eben die Oper restlos auszuverkaufen? Das ist eine ganz andere Hausnummer und sonst eigentlich nur dem Jazzfest vorbehalten, dessen Strahlkraft über die Grenzen der Region hinausreicht. Andererseits sind Pianist Martin Tingvall, Bassist Omar Rodriguez Calvo und Drummer Jürgen Spiegel ohne Zweifel sowohl populär als auch virtuos genug, um den Saal mit seinen rund 1000 Plätzen zu füllen – und so luden sie am vergangenen Montag zu ein paar Flugstunden mit Spechten, Kolibris und Paradiesvögeln ein.

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Anne Haigis: Trio mit Hund

Für Anne Haigis ist die Harmonie so etwas wie ihr zweites Wohnzimmer. Hier fühlt sie sich wohl, hier ist sie zu Hause. Seit ungefähr 20 Jahren wohnt die Vollblutmusikerin in Bonn, so dass jedes Konzert in der Bundesstadt für sie ein Heimspiel ist. Und doch ist dieser Abend ein besonderer: Zum ersten Mal präsentiert sie hier ihr neuestes Projekt „Schön’n Abend noch“, für das sie sich mit Sängerin Susanne Back und Pianistin Stefanie Titus vom Damen-Quartett „Schöne Mannheims“ zusammengetan hat. Gemeinsam haben sie Lebens- und Lieblingslieder gesammelt und arrangiert, Folk-, Rock- und Liedermacher-Nummern, die in ihnen Spuren hinterlassen haben und die nun mit viel Gefühl interpretiert werden. Mit Erfolg, nicht zuletzt dank der unbestreitbaren Energie zwischen den drei Frauen – und dank Haigis’ Hund.

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Rheinkabarett: Aller guten Dinge sind vier

Der Meister ist abgetreten, doch die Getreuen halten durch: Obwohl Andreas Etienne Ende vergangenen Jahres sowohl auf als auch hinter der Bühne (vorläufig) abgedankt hat, macht das Rheinkabarett als Haus-Ensemble der „Springmaus“ weiter und hat jetzt mit „Nur über meine Leiche“ die erste Produktion in der neuen Besetzung präsentiert. Mit Erfolg, wie die Reaktionen des Publikums zeigen. Denn auch wenn sich manche Dynamik erst noch entwickeln muss, hat das Team mit der wandlungsfähigen Susanne Pätzold doch eine veritable Nachfolgerin für Etienne gefunden, die alles mitmacht – und dem Quartett sogar einige neue Türen öffnet.

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Robert Alan: Lachen am Limit

Die Pointen sind kurz an diesem Abend. Kurz und knapp, oftmals nicht viel mehr als zymnyeske Miniaturen, die mit viel Pathos angekündigt werden und dann scheinbar viel zu früh enden. Oder viel zu spät, je nachdem. Denn Robert Alan gehört nun einmal nicht zu jenen, die das Spiel mit der Erwartung in Perfektion beherrschen. Was allerdings nicht an mangelndem Willen liegt, sondern eher an unglücklichem Timing und vor allem an einer oftmals fehlenden Linienführung. Wo will er hin mit seinen Hip-Hop-Liedern, seinen abstrusen Plastiktüten-Choreographien und seinen in der Luft hängenbleibenden Gags? Diese Frage bleibt zumindest bei dem Auftritt des 38-Jährigen in der Pantheon-Lounge bis zum Ende offen und gibt das Programm der Beliebigkeit preis. Was schade ist, weil Alan mehr könnte. Wenn er denn wollte.

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„Vida“: Bis zu den Wurzeln des Tangos

Tango ist Leidenschaft und Feuer. Verführung und Stolz. Aber auch Melancholie und Schmerz. Am besten alles zusammen. „Der Tango ist ein trauriger Gedanke, den man tanzen kann“, hat der argentinische Komponist Enrique Santos Discépolo einmal gesagt. Und Nicole Nau bezeichnet ihn in der Show „Vida“, die sie mit ihrem Mann Luis Pereyra geschaffen und unter anderem im Bonner Brückenforum präsentiert hat, mit Blick auf den oft besungenen Herzschmerz sogar als „grausam“. Vor allem aber ist er faszinierend, insbesondere wenn zwei Weltklasse-Tänzer wie Nau und Pereyra ihn zusammen mit einem zehnköpfigen Ensemble auf die Bühne bringen – und nicht nur die Theatralik des Tango, sondern auch seine indigenen Wurzeln beleuchten.

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Mathias Mester: „Ich bin nicht behindert, ich bin nur klein“

Beleidigungen und Schmähungen kennt Mathias Mester zur Genüge. Er, der „Winzling“, „die halbe Portion“ oder – wie ihn in seiner Jugend der Nachbarsjunge nannte – der „abgebrochene Gartenzwerg“, hat sich immer wieder dumme Sprüche anhören müssen, weil es manchen offenbar nicht passte, dass er anders war. Eben kleiner. 142,5 Zentimeter, um genau zu sein; die Nachkommastelle ist dabei wichtig. Wirklich gestört haben ihn diese Formulierungen nur selten, wie er im Pantheon erzählt, während er sein Buch „Klein anfangen, groß rauskommen“ vorstellt und sich an sein bisheriges Leben erinnert. Dieses war 16 Jahre lang vom Leistungssport geprägt, in dem Mester fast alles erreicht hat, was er hätte erreichen können: Zahleiche Deutsche, Europäische und Weltmeistertitel vor allem im Speerwurf, dazu eine Silbermedaille im Kugelstoßen bei den Paralympischen Spielen in Peking. 2021 beendete er seine sportliche Karriere – und bereut diese Entscheidung eigener Aussage zufolge bis heute nicht.

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Acostas Danza: Zwischen Mythos und Wahrheit

Carlos Acosta liebt die Vielseitigkeit. Der 50-jährige ehemalige Ballettstar und umjubelte Choreograph lässt sich nicht auf einen bestimmten Stil festlegen, sondern will sie am liebsten alle zusammenbringen, um eine Evolution des Tanzes zu initiieren. Jetzt war die von ihm gegründete Kompanie Acostas Danza mit dem Programm „Cuban Eclectio“ zu Gast in der Bonner Oper und zeigt eindrucksvoll, was möglich ist, wenn man sich alle Optionen offen hält. Mühelos verbindet die Truppe aus Havanna Spitzentanz und Modern Dance, klassisches Ballett und Hip Hop, kubanische Jazz- und afrikanische Stammestänze – und beginnt den Abend direkt mit seinem Höhepunkt.

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Omah Lay: Melancholische Afrobeats

Endlich. Es wurde auch Zeit. Anderthalb Stunden nach dem offiziellen Beginn des Konzerte von Omah Lay in der Stadthalle Köln-Mülheim erhebt sich seine erstaunlich helle Stimme über die afrikanischen Grooves und elektronischen Beats und beginnt, Geschichten zu erzählen, die sonst im Afrobeat eher selten zu hören sind. Der 26-Jährige ist nun einmal bekennender Melancholiker, hatte in der Vergangenheit aber auch mit Depressionen zu kämpfen – beides Themen, die in dem von ihm geliebten Genre sonst eher nicht angesprochen werden. Afrobeat, das ist für viele Menschen in erster Linie pulsierende Lebensfreude, Sommer, Sonne und Sonnenschein. Doch gerade weil Lay einen neuen Weg bestreitet, weil er sein Leiden nicht versteckt und doch in der Musik seine Erlösung findet, gilt er in seiner Heimat Nigeria als einer der interessantesten (und erfolgreichsten) Künstler seiner Art. Jetzt soll auch der Rest der Welt von ihm erfahren. Wenn man nur nicht so lange auf ihn warten müsste.

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Polit. Aschermittwoch: Ein Menü voller Menschenrechte

Die Küche ist eigentlich schon zu. Die Uhr steht schließlich schon auf kurz vor zwölf – nicht nur beim Weltklima, sondern auch bei dem Umgang der Menschen miteinander. Da ist es doch kein Wunder, wenn im Gasthaus „Zum Menschenrecht“ viele Gerichte auf der Karte nicht mehr zu bekommen sind und am Herd nur noch Schmalhans den Löffel schwingt. Und dennoch haben die Gäste ständig Extrawünsche. Wirtin Christine Teichmann ist das gewohnt. Schön ist das nicht, lustig ebenso wenig, wohl aber satirisch brillant und damit für den alljährlichen Politischen Aschermittwoch im Pantheon das perfekte Hauptgericht.

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Max Mutzke & Friends: BAP im Chor

Ein Ständchen für Max Mutzke, inklusive einer Lektion in bestem Kölsch: Das hatte der 42-Jährige sicherlich nicht erwartet. Dabei dürfte der charismatische Sänger, der regelmäßig im Rahmen von „Quatsch keine Oper“ nach Bonn kommt und dabei immer wieder spannende Überraschungsgäste mitbringt, doch eigentlich inzwischen wissen, dass das Publikum in der Bundesstadt für ihn eine ganz besondere Zuneigung hegt. Immerhin kann er sich seit nunmehr neun Jahren auf ein ausverkauftes Haus freuen – und seine Fans auf einzigartige Konzerte. Insofern war ein tausendstimmiger Chor, der inbrünstig „Verdamp lang her“ sang und damit Mutzkes hochdeutsche Übersetzung überflüssig machte, eigentlich eine Selbstverständlichkeit, insbesondere an Karnevalssonntag. Umso schöner, wenn es Max Mutzke sprachlos machte. Und Stefanie Heinzmann zu Freudentränen rührte.

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17 Hippies: Die halbe Welt in einer Band

9000 Nächte, so lange muss eine Band erst einmal durchhalten. Die 17 Hippies haben das geschafft. Mehr noch: Das mittlerweile zehnköpfige Berliner Weltmusikorchester hat die Zahl, mit der es eigentlich 2020 sein 25. Jubiläum feiern wollte, längst übertroffen und ist inzwischen fünfstellig geworden, mit 10.000 Abenden im Zeichen von Polka und Chanson, Tango und Bluegrass, Klezmer und Ska und allem, was für gute Laune sorgt. Jetzt sind die Hippies in die Harmonie gekommen – und bringen den ganzen Saal zum Tanzen.

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Matthias Brandt und Jens Thomas: Wahn oder Methode?

Das Grauen berührt, bewegt und begeistert: Wenn Matthias Brandt und Jens Thomas im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ nach Bonn kommen, steht am Boeselagerhof ein eindringlicher Abend bevor, eine Veranstaltung zwischen Wahn und Sinn, hypnotisch und aufregend zugleich. Seit das Duo vor zehn Jahren erstmals mit ihrer Lesung zu „Psycho“ das Publikum in seinen Bann gezogen hat, können Brandt und Thomas im Grunde alles machen und dürfen sich über ein ausverkauftes Haus freuen. Die Intensität eines der derzeit besten deutschen Schauspieler gepaart mit den wilden Klangvorstellungen eines irren Tastenzauberers ist nun einmal einzigartig, und so überrascht es nicht, dass auch knapp zwei Wochen vor Rosenmontag die Oper restlos ausverkauft ist. Dabei haben sich Brandt und Thomas sogar dafür entscheiden, aus dem neuen Programm ein Geheimnis zu machen und im Vorfeld keinen einzigen Hinweis darauf zu geben, welche Geschichte diesmal vorgetragen wird. „Ehrlich gesagt haben wir das erst heute Vormittag konkretisiert“, gesteht Brandt zu Beginn – und steigt dann gemeinsam mit seinem musikalischen Kompagnon in die phantastische Novelle „Der Horla“ ein.

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Florian Hacke: (K)ein Happy End für die Menschheit

Einfach mal die Welt ausblenden und einen schönen Abend haben, das ist das erklärte Ziel von Florian Hacke. Getreu dem christlichen Gebots „Liebe deinen nächsten wie sich selbst“ würde er dieses Angebot sogar Nazis unterbreiten – auch wenn ihm bei diesem Gedanken die Galle hochkommt. Tja, immer altruistisch bleiben ist ganz schön stressig. Zum Glück ist das Publikum im Haus der Springmaus recht magenfreundlich, und so kann der 45-Jährige guten Gewissens ein Happy End versprechen. Zumindest für diesen Tag. Denn langfristig droht fast schon unvermeidlich die Apokalypse, und wer dann nicht systemrelevant ist oder Aliens mit einem Mangel an Pflegekräften in ihre sieben Hintern kriecht, darf nicht in den Weltuntergangsbunker. Und so muss sich auch Hacke ranhalten, der trotz allem seine positive Einstellung nicht verliert. „Ich habe keine Lösung“, sagt er, „aber ich bewundere das Problem.“ Na immerhin.

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Hagen Rether: Alles nur Kindergarten

Antworten? Hat er keine. Meinungen, ja, die gibt es, ebenso wie Thesen und Behauptungen, Klagen und Kritik, aber Antworten? Oder gar Erklärungen? Das ist einfach zu viel verlangt. Damit kann ein einzelner Mensch nicht dienen, selbst wenn er Hagen Rether heißt und seit 20 Jahren mehr oder weniger immer das selbe predigt. So wie einst Volker Pispers ist der 54-Jährige ein Rufer in der Wüste und ein Don Quixote des Kabaretts, gefangen im ewigen Kampf gegen die Ungerechtigkeit und den Wahnsinn in der Welt. Das ist aller Ehren wert, auch wenn er die Dinge manchmal zu einfach scheinen lässt, wenn er sich gerade wieder über ein gesellschaftliches Problem echauffiert und mit einem Lösungsansatz daherkommt, der gut klingt, aber nicht immer gut ist. So wie jetzt auch in der Bonner Oper, wo Rether auf Einladung von Rita Baus („Quatsch keine Oper“) regelmäßig zu Gast ist.

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Lisa Eckhart: Zügellose Lichtgestalt

„Hier kommt die Sonne“: Bescheidenheit gehört wahrlich nicht zu Lisa Eckharts Stärken. Beziehungsweise zu denen ihrer Kunstfigur, die die 31-Jährige sowohl vor als auch größtenteils hinter der Bühne wie eine Rüstung trägt. Jetzt kommt auch noch eine Krone hinzu. Immerhin hat Eckhart mit einer Truppe aus dem Erzgebirge Berlin eingenommen und sich zur Kaiserin von Ostdeutschland und Österreich gekrönt. Nun regiert „Stasi die Erste“ also mit harter Hand – und mit vergleichsweise weichem Witz. Denn trotz der majestätischen Ausgangslage ist das aktuelle (und dem Vernehmen nach möglicherweise letzte) Programm der Kabarettistin weit weniger provokant als die vorhergehenden. Zwar hat sie Sprach- und Denk-Tabus noch immer noch im Visier, doch gibt sie sich inzwischen versöhnlicher. Braver. Kurzweiliger. Und gewöhnlicher. In Bonn hat sie nun an gleich zwei aufeinander folgenden Abenden im Rahmen von „Quatsch keine Oper“ die Herrschaft über den Boeselagerhof übernommen.

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James Arthur: Spontanes Duett mit Kölner Fan

Das muss man sich erst einmal trauen: „I want to sing ‚Just Us‘ with you“, steht auf einem Plakat, das ein junger Mann beim Konzert des britischen Alternative-Pop-Rock-Stars James Arthur im Palladium in die Höhe hält. Dieser Wunsch nach einem Duett ist ambitioniert und würde von nahezu jedem anderen Künstler konsequent ignoriert werden, weil das Risiko eines Reinfalls letztlich zu groß erscheint und gerade diese Nummer vom aktuellen Album „Bitter Sweet Love“ noch kein Selbstläufer ist. Doch James Arthur ist nicht so wie die anderen, zumindest in dieser Hinsicht nicht. Er beweist Mut, holt den besagten Mann auf die Bühne – und trifft damit die richtige Entscheidung. Beide harmonieren hervorragend miteinander, haben das selbe leichte Vibrato in der Stimme und die selbe Bühnenpersönlichkeit, die bei den Fans bestens ankommt. Diese hat Arthur durch die Aktion noch enger an sich gebunden als ohnehin schon, nur weil er einem der ihren eine Chance gegeben und dadurch einen der Höhepunkte des Abends geschaffen hat. Alle gewinnen, keiner verliert. Perfekt.

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„Nora oder Das Puppenhaus“: Komische Vögel

Die Familie geht über alles. Alles andere hat Nora, die Hauptfigur von Henrik Ibsens gleichnamigem Drama (im norwegischen Original „Et dukkehjem“, übersetzt „Das Puppenhaus“), diesem Diktat untergeordnet. Ihre gesamte Existenz dreht sich um ihre Kinder und um ihren Mann Torvald, für den sie vor Jahren sogar die Unterschrift ihres Vaters auf einem Schuldschein gefälscht hat, um von dem windigen Anwalt Krogstad Geld für eine lebensnotwendige Erholungsreise nach Italien zu erhalten. Doch zu Beginn der Handlung droht dieses Geheimnis durch einen Erpressungsversuch Krogstads aufzufliegen. Gleichzeitig beginnt Nora, sich nach persönlicher Freiheit zu sehnen, will ausbrechen aus den Zwängen und Konventionen einer konservativen, patriarchalisch geprägten Gesellschaft, in der sie nicht mehr als ein Vogel mit gestutzten Flügeln ist. Eine volatile Kombination, die Ibsens Stück zu einem Klassiker und die Rolle der Nora Helmer zu einer der begehrtesten Frauenrollen im Theater macht. Nun hat sich die junge Regisseurin Charlotte Sprenger im Theater Bonn des Stoffes angenommen – und ihn im Schauspielhaus in eine peinliche Farce verwandelt, die weder dem Thema noch dem Text auch nur ansatzweise gerecht wird.

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30 Jahre Ruf Records: Geburtstag in Blau

Ein einzelnes Geburtstagsständchen reicht einfach nicht: Das deutsche Blues-Label Ruf Records, das innerhalb der internationalen Szene großen Respekt genießt und schon zahlreiche Künstlerinnen und Künstler aufgebaut hat, feiert derzeit sein 30. Jubiläum einfach mit einer ganzen Tour. Diese ersetzt die sonst übliche Blues Caravan, ist vom Konzept her aber mit dieser identisch, bringt also Veteranen, zukünftige Stars und absolute Newcomer zusammen und lässt sie einfach rocken. Klappt immer. Mit Bernard Allison, Ally Venable und Katie Henry sind diesmal zwar nur Wiederholungstäter mit von der Partie, doch das stört echte Blues-Fans nicht. Ganz im Gegenteil. So ist auch die Bonner Harmonie, die seit Jahren sowohl der Blues Caravan als auch Ruf Records verbunden ist, gut gefüllt und genießt ein Triple-Konzert, das sich hören und sehen lassen kann.

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Michael Mittermeier: Nachdenklich wie nie zuvor

Eigentlich gibt es dieses Programm ja gar nicht. „#13“. Die Unglückszahl. Mit der sollte man nichts riskieren. Nicht ohne Grund gibt es in amerikanischen Hotels keinen 13. Stock, bei der Deutschen Bahn keinen Wagon mit dieser Nummer und in Flugzeugen der Lufthansa keine 13. Reihe. Selbst in der Juristerei hat sich dieser Aberglaube gehalten: Auf einen 13. Band des Sozialgesetzbuches (SGB) hat der damals zuständige Arbeitsminister Hubertus Heil bei der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfs über Opferentschädigung explizit verzichtet. Nur Michael Mittermeier scheint mit dieser Zahlenangst nichts am Hut zu haben. Schon 2019 hatte der Comedian an einem so betitelten dreizehnten Programm gearbeitet – doch dann machte ihm die „lange Nacht“, wie er die Covid-19-Pandemie bezeichnet, einen dicken Strich durch die Rechnung. Er musste umplanen, stellte eine Show fürs Autokino zusammen, später dann eine mit Corona im Mittelpunkt. Damit waren Nummer 13 und Nummer 14 abgearbeitet. Jetzt aber, mit Programm Nummer 15, hat er „#13“ reaktiviert und es im Rahmen von „Quatsch keine Oper“ auch in Bonn vorgestellt.

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Schlachtplatte: Barbieland ist abgebrannt

Alles schön, alles gut, alles rosa? Mitnichten. So einfach kann man sich die Welt nicht schönzeichnen, insbesondere wenn die Schlachtplatte in der Nähe ist und mit ihrer gnadenlosen Jahresendabrechnung all den Barbies und Kens die rosaroten Brillen von den Nasen reißt. Schnell wird dann klar, dass 2023 längst nicht alles so toll war wie manche glauben, die sonst nur zu bereitwillig die Augen vor der Welt verschließen. In Deutschland fängt die Liste an Verfehlungen und ungelösten Problemen schon bei Buchstabe B an: Bauern, Bundeswehr und die Bahn stecken in Krisen, ebenso wie die Bundesregierung in all ihrer rot-gelb-grünen Farbpracht. Und es kommen noch ein paar Buchstaben, ganz zu schweigen von den Bedrohungen auf der internationalen Bühne. All das will das Schlachtplatten-Ensemble um den Kabarettisten Robert Griess aufarbeiten und mit gewetzten Messern zerlegen – nur beißt es mehr ab, als es schlucken kann.

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Gregor Gysi: Ein Ritter in tiefroter Rüstung

Wenn es nach Hans-Dieter Schütt geht, ist Gregor Gysi eine Lichtgestalt. Er, „einer der glaubwürdigsten Politiker Deutschlands“, habe demnach eigenhändig zuerst die Menschen in der ehemaligen DDR und dann die heutige Linke gerettet, indem er sich zum Anwalt der Massen gemacht hat, zum stolzen Ritter in tiefroter Rüstung. Nun war Gysi – mit Schütt als Stichwortgeber – ins Bonner Pantheon gekommen um über sich und sein Werk zu sprechen, über sein politisches Erbe und über die volatile Situation in Deutschland und der ganzen Welt. Was durchaus spannend war. Zumindest mit ein bisschen Distanz.

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Markus Maria Profitlich: Ein Freund knackiger Gags

Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Markus Maria Profitlich wahrlich nicht unterstellen: Der Comedian, der sich auch mal als „lebende Legende“ ankündigen lässt, steht zu all seinen Pointen. Auch zu den schlechten. Oder den albernen. Oder den peinlichen. Hauptsache, sie sind kurz und knackig, dann fühlt sich Profitlich wohl. Im Haus der Springmaus hat der 63-Jährige nun auf sein Lebenswerk zurückgeblickt, das immerhin fast 40 Jahre im Scheinwerferlicht umfasst und einige denkwürdige Fernseh-Formate umfasst. Das muss man nutzen. Und so hat Profitlich einige seiner Lieblingsnummern aufpoliert, seine Frau und langjährige Bühnenpartnerin Ingrid Einfeldt reaktiviert und die eigene Biographie zur Basis seines Programms gemacht, mit dem er eigentlich sein 35. Jubiläum feiern wollte, was ihm wegen Corona weitgehend verwehrt blieb. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben – und so zeigt Profitlich nun auch im güt gefüllten Haus der Springmaus, was (und wer) alles in ihm steckt.

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Diego Piñera Quartett: Fest im Sitz, frei im Spiel

Das geht ja schon gut los: Bereits während des ersten Stücks des Diego Piñera Quartetts, das die Dottendorfer Jazznächte 2024 eröffnet, streikt der Hocker des Frontmanns und Drummers und behindert ihn in seiner Bewegungsfreiheit. Verflixt. Andererseits, gehört hat man davon nichts, dafür war der Opener „Home Office“ viel zu sehr in polyrhythmischen, harmonisch komplexen Welten unterwegs, in denen ohnehin alles erlaubt zu sein scheint. Und auch für den Rest des umjubelten Konzerts bleibt die Blockade Piñeras letztlich eine Fußnote. So leicht lässt sich der Träger des Deutschen Jazz Preises 2023 schließlich nicht aus dem Konzept bringen. Immerhin ist normalerweise er es, der mit seiner Vorliebe für schräge Taktarten traditionelle Hörgewohnheiten durcheinanderbringt – und davon lässt sich Piñera auch von einem störrischen Hocker nicht abhalten.

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Tommy Jaud: Bekenntnisse eines Punktoholikers

Es ist eine ungewöhnliche Konstellation: Tommy Jaud, Autor der beiden erfolgreich verfilmten Romane „Vollidiot“ und „Resturlaub“, ist in der eher für Blues und Rock bekannten Harmonie nun wirklich keiner der üblichen Verdächtigen. Das könnte sich nach dem vergangenen Donnerstag aber  ändern, zumindest wenn Andrang und Applaus als Maßstäbe angelegt werden. Der Saal war nahezu ausverkauft, Jaud, gut drauf und die von ihm ausgewählten Kurzgeschichten, geboren aus dem Irrsinn des Alltags, kamen hervorragend an. Zu Recht, waren die skurrilen Abrechnungen des bekennenden Punktoholikers mit Payback-Karten, natürlicher Dummheit und dem Miele-Vogel doch ebenso spritzig wie prägnant, gut strukturiert und mit einem feinen Gespür für die richtigen Pointen zur richtigen Zeit. Von den vermeintlichen Schwächen der Romane, die einige Kritiker bemängelten, gab es an diesem Abend auf jeden Fall keine Spur.

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Pink Punk Pantheon: Närrischer Marathon

Fachkräftemangel und Taubendreck, Ukraine-Krieg und der Angriff Israels auf den Gazastreifen, Steckenpferd-Spiele und Klimakleber: An Ideen hat es dem Ensemble des Pink Pink Pantheon bei den Vorbereitungen auf die 41. Ausgabe der legendären alternativen Karnevalssitzung offensichtlich nicht gemangelt. Ganz im Gegenteil quoll die Inspiration dermaßen über, dass es bei der Premiere am vergangenen Samstag für viereinhalb unterhaltsame Stunden reichte. Vor restlos ausverkauftem Haus spielte sich die Truppe des (fiktiven) 1. FKKVB Rhenania um die beiden ewigen Vereinsvorstände Fritz Litzmann (Rainer Pause) und Hermann Schwaderlappen (Norbert Alich) die Seele aus dem Leib, kommentierte, karikierte und besang jedes Thema, das ihnen unter die Finger kam und bereitete dem Publikum einen abwechslungsreichen, aber auch sehr langen Abend.

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„Meer Malente“: Liebeserklärung an Wind und Wellen

Ein bisschen Meer muss sein. Das Schreien der Möwen, das Tosen der Wellen, dazu eine steife Brise, wie jeder Norddeutsche zu den Windstärken 6 bis 8 sagt, und schon ist der Tag perfekt. Zumindest gilt das für die Familie Malente, die in ihrem Spiegelzelt in Bonn-Beuel ihr wohl maritimstes und zugleich recht persönliches Programm „Meer Malente“ reaktiviert haben und der See sowie ihrer Herzensstadt Hamburg eine Hommage widmen, die vom deutschen Schlager bis hin zu deutschem Hip Hop alles in sich vereint. In dieser wilden Nummernrevue, gespickt mit zahlreichen Anekdoten und dem ein oder anderen klassischen Witz, blicken Knut und Dirk Vanmarcke zurück auf ihre Zeit in der Hansestadt – und auf ihre Dienstreisen mit einigen großen und kleinen Kreuzfahrtschiffen.

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LaLeLu: Vokal-Rock mit Glühwürmchenschuhen

Halleluja, jetzt wird’s wild: So in etwa lässt sich die Botschaft von LaLeLu zu Beginn ihres Konzerts im Haus der Springmaus zusammenfassen. Das a-cappella-Quartett, das diesmal ausnahmsweise außerhalb der Weihnachtszeit nach Bonn kommt und sich mit „Alles richtig gemahct“ einmal quer durch die Musiklandschaft singt. Kabarettistische Liedchen, Performances und Moderationen treffen auf mitunter brillante Arrangements, gesellschaftskritische Positionen und starke Stimmen, die nach anfänglichen Schwächen durchaus zu überzeugen wissen. Zumindest wenn die Sterne günstig stehen.

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