Konrad Beikircher: Wahl-Bonner aus Leidenschaft

In Bonn kennt jeder jeden, heißt es. Zugegeben, bei knapp 340.000 Einwohnern ist das eher unwahrscheinlich, aber für viele Menschen ist die ehemalige Bundeshauptstadt nun einmal eher Provinz statt Oberzentrum, mehre Dorf als Metropole, nicht zuletzt seit des Umzugs der Regierung nach Berlin. Zu Unrecht, sagt Konrad Beikircher – und erklärt im Pantheon ausführlich, was ihn in Bonn im Besonderen und im „rheinischen Universum“ im Allgemeinen hält.

Seit 57 Jahren lebt und wirkt Beikircher im Rheinland, und nur wenige Zugereiste dürften sich mit mehr Leidenschaft der neuen Heimat verschrieben haben. Dennoch, so gesteht er, hätten er und seine Frau sich im vergangenen Jahr gefragt, ob sie weiterhin auf dem Katharinenhof in Bad Godesberg bleiben oder doch lieber nach Südtirol ziehen sollten. Es dürfte wohl eine rhetorische Frage gewesen sein, denn letztlich ist der 77-Jährige nach eigenen Angaben seit seiner Studentenzeit vom Rheinland gefesselt und geprägt, angefangen bei den Revoluzzer-Tagen mit der roten Bibel und der China-Zeitung unterm Arm über die durchzechten Nächte im „Underground“ in Muffendorf bis hin zu den Streiks und Streitgesprächen auf dem Münsterplatz. Den Besuch von Rudi Dutschke am Dies Academicus 1967 beschreibt Beikircher sogar als eine Art Erweckungserlebnis – nicht wegen dessen Vortrag im Arkadenhof, den man eh kaum verstanden hätte, sondern wegen einer der Garderobenfrauen, die angesichts des Regens Dutschke kurzerhand seinen Mantel brachte, dann aber noch auf die dazugehörige Marke bestand. Diese Herzlichkeit und Bodenständigkeit hat Beikircher danach immer mit dem Rheinland verbunden, auch wenn die ein oder andere Erinnerung durch das Programm ein bisschen verklärt wird.

 

Auf jeden Fall wirkte der Hauptstadtbeschluss vom 20. Juni 1991 auf Beikircher wie ein Schlag ins Kontor. „Unsäglich“ sei dies gewesen, sagt er. Beikircher selbst war damals mit seiner Frau in Venedig und erinnert sich an ein „Pandämonium“, als die Meldung in den Nachrichten kam. „Wenn die Deutschen jetzt nach Berlin ziehen, wann kommen sie dann bei uns an“, sollen die Italiener gefragt haben – immerhin seien „alle Kriege von Berlin ausgegangen“. Und keine von Bonn aus. Einer der Vorteile einer Stadt, in der jeder jeden kennt und Quellen wie der „Mandelhein“, eines der Bonner Originale jener Zeit, so ziemlich alles über die amtierenden Politiker wusste, angefangen bei den Nachtclub-Besuchen der Parlamentarier. Diese Nähe, diese Veedels-Strukturen, haben es Beikircher angetan, der schließlich selbst ein begeisterter Erzähler von allerlei Verzällcher ist. Kein Wunder, dass er sich trotz oder gerade wegen seiner Vergangenheit als „Immi“ für einen echten Kölschen bezeichnet: „Wir haben uns bewusst für das Rheinland entschieden und sind nicht durch Zufall hier hineingeboren.“ Im Pantheon hat ihm da niemand widersprochen.

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