„Let’s Burlesque“: Das Spiel mit den Reizen

Was ist eigentlich Burlesque? Diese Frage lässt sich gar nicht so einfach beantworten, dafür ist der Begriff viel zu komplex. Burlesque ist keine Kunstform, sondern eine Einstellung. Es ist Feuer und Leidenschaft, ja klar, aber auch Spaß und Spiel. In ihr verbinden sich sinnliche Erotik und geheimnisvolle Exotik, leises Bettgeflüster und lautes, wirklich sehr lautes Stöhnen, am besten kollektiv, mit allen auf und vor der Bühne. Burlesque ist wild und kokett, verführerisch und augenzwinkernd, Strip und Tease und Glanz, Glitter und Glamour. Es ist ein ständiges Kommen und Bleiben – und so ist es auch kein Wunder, dass die es die Showcompany der Chansonniere Evi Niessner und ihres Gatten Mister Leu erneut ins Pantheon gezogen hat, um an gleich zwei Abenden mit „Let’s Burlesque“ eine fantastische Mischung aus groovendem Jazz, betörendem Tanz und ekstatischem Witz zu präsentieren, die ebenso sehr ein Genuss für die Augen wie auch für die Ohren ist.

Für die Neuaufnahme der beliebten Show, die schon vor Corona immer wieder erfolgreich in Bonn zu sehen war, hat Niessner viele Figuren neu besetzt und dabei ein geschicktes Händchen bei der Auswahl der Tänzerinnen und Tänzer bewiesen. Herrlich, wie Parfait de la Neige die Wandlung von der braven Hausfrau zur heißen Femme Fatale vollzieht oder wie Kinky La Blanche von der androgynen Marlene-Dietrich-Rolle – stilecht mit Frack und Zylinder – zum wilden Vamp mutiert. Dazu gesellt sich mit Lindsay Dunne immerhin eine Tänzerin mit Broadway-Erfahrung – und Kontorsionist Tigris, der als strippender und unglaublich biegsamer Polizist nicht nur das weibliche Publikum in Raserei versetzt.

Artikel wird unten fortgesetzt

Doch „Let’s Burlesque“ punktet nicht nur mit geschmackvollem erotischem Tanz, sondern auch mit erstklassiger Musik. Etwas anderes hätte man von Evi Niessner auch nicht erwartet, die einmal mehr die Moderation auf ihre ganz eigene Art übernimmt, schnarrend und zwitschernd, aufpeitschend und eben singend. Die Opern-Ausbildung hört man ihr an, die Leidenschaft für den Chanson auch, während Mister Leu am Klavier eher für Jazz, Soul und Blues zuständig ist. Allein dafür hat sich der Besuch schon gelohnt. Nicht ohne Grund erhält in einer von Höhepunkten nur so sprudelnden und vom Publikum bejubelten Show nur eine Nummer stehende Ovationen: Mister Leus Tom-Waits-Interpretation von „Tom Traubert’s Blues“ (Waltzing Mathilda), die keiner in Deutschland besser und eindringlicher singen kann als „das Tier“, das zuvor schon mit einer starken Scat-Einlage und einer gefühlvollen Darbietung von Stings „Moon over Bourbon Street“ die musikalische Messlatte ganz hoch angesetzt hat.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0