"Playback": Singen muss jeder

Playback will gelernt sein: In der gleichnamigen neuen Show des GOP-Varietétheaters Bonn dreht sich alles um die Illusion des Singens, um die perfekte Täuschung, die aus Akrobaten große Musikstars zu machen scheint. Und das mit Erfolg. Hits von Abba bis Zaz, von Rammstein bis zur Königin der Nacht, von Dirty Dancing bis zur Rocky Horror Picture Show bilden die Grundlage eines überaus charmanten Abends, der vielleicht artistisch nicht viel Neues zu bieten hat, dank des Gesamtkonzepts und vor allem dank einiger strahlender Figuren aber beste Unterhaltung verspricht.

Von der ersten Sekunde an muss man sich bewusst machen, dass lippensynchrones Playback durchaus eine Herausforderung darstellt, vor allem für Artisten, die parallel noch ihre Handstände, Hebefiguren oder Luft- und Rollschuhakrobatik vorführen. Dabei nicht die Übersicht zu verlieren, erfordert immense Konzentration. Mehr noch: Die Programmverantwortlichen des GOP haben die Stücke sogar vorgegeben und das Ensemble gebeten, ihre Choreographien entsprechend anzupassen oder neu zu entwickeln. Das Ergebnis spricht jedoch für sich. Insbesondere Simon-James Reynolds, der als schrille Hauptfigur jenseits festgelegter Geschlechterrollen dem Abend einen ganz besonderen Glamour verleiht, lebt die Songs und verleiht ihnen mit eindringlicher Mimik so viel Emotion, dass man ihm jedes einzelne Lied abnimmt. Gleiches gilt für die eigenwillige Chaotin Paula Alvala, auch wenn sie mitunter ein bisschen zu dick aufträgt, als Clownin aber einen ebenso guten Job macht wie am Luftring.

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Ohnehin hat das GOP, wie nicht anders zu erwarten, auch für „Playback“ exzellente Akrobaten versammelt, die ein ums andere Mal für Begeisterung sorgen. Schon die Handstand-Nummer von Andalousi Elakel, mit der die Show eröffnet, ist wunderschön gesetzt und kommt auf einem roten Samtsessel besonders gut zur Geltung. Keine Bewegung ist zu viel, alles fließt ineinander. Diese Qualität besitzt auch Diabolo-Künstler Martin Regouffre, der ganz bewusst auf schnelle Jonglage-Aktionen verzichtet und seine Doppelkegel lieber gefühlvoll über die Schnur zwischen den beiden Handstöcken führt.

Auf Tempo setzen dagegen die beiden Ungarn Sebastian und Kristina Richter: Die beiden Quick-Change-Profis verändern ihre Garderobe innerhalb von Sekunden, wobei letztere den Löwenanteil der Nummer bestreitet. Immer wieder verschwindet sie hinter Paravents und Vorhängen, um in neuen – meist knapperen – Kleidern zurückzukehren; im großen Finale gelingt dies sogar in einem Konfettiregen, sehr zur Überraschung der Zuschauerinnen und Zuschauer. Die sind ebenso von den Rollschuh-Akrobaten Yordani Oliva und Sirenia Lopez angetan, die mit ihrer Darbietung alle Fliehkräfte überwinden, sowie vom „Trio en Masse“, in dem Regrouffre und der Kanadier Ian Labelle die quirlige Charlotte Gagnon mit viel Schwung in die Luft katapultieren. Klasse – nicht etwa trotz, sondern gerade wegen Playback.


Termine: „Playback“ läuft noch bis zum 9. Juli im GOP Bonn. Aufführungen finden mittwochs, donnerstags und freitags um 20 Uhr statt, samstags um 18 und um 21 Uhr sowie sonn- und feiertags um 14 und um 18 Uhr. Tickets und weitere Informationen erhalten Sie unter www.variete.de.

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