Uri Caine: Beethoven neu gedacht

Fünf herausragende Künstler beziehungsweise Ensembles mit einem eigenen Blick auf Beethoven: Die Pläne des Beethovenhauses für eine Konzertreihe anlässlich des 250. Geburtstags des großen Komponisten waren überaus vielversprechend – und wie so vieles fielen sie der Corona-Pandemie zum Opfer. Zumindest teilweise. Denn am vergangenen Wochenende konnte nun zumindest der Jazz-Pianist Uri Cane seine Vorstellungen von Beethoven präsentieren. Und die waren in der Tat eigenwillig, mitunter gar eigenartig.

Während Caine am Samstag zusammen mit seinem Trio Sätze aus den Sinfonien und Klaviersonaten Beethovens aufgriff, widmete er sich am Sonntag zusammen mit einem Streichquartett (Bartosz Woroch und Viktor Stenhjem, Violine; Matthew Jones, Bratsche; Matthijs Broersma, Cello) in erster Linie den Diabelli-Variationen. Letztere übersetzte der 65-Jährige in seine eigene Klangsprache, die irgendwo im Spannungsfeld zwischen Modern Jazz, Neuer Musik und Klassik angesiedelt ist. Manche Partien ließ Caine dabei weitgehend unverändert, während er andere radikal neu dachte, indem er sie mit Dissonanzen, Modulationen und rhythmischen Verschiebungen anreicherte. Letztlich ging er mit den Variationen und dem ein oder anderen zusätzlichen Stück ähnlich um wie Beethoven Alfred Brendel zufolge mit dem ursprünglichen Diabelli-Walzer, kommentierte, parodierte, verzauberte und zerstampfte das Werk, flocht Zitate aus der Ode an die Freude oder dem Gospel „We Shall Overcome“ ein, deutete auch mal einen Ragtime an und arbeitete sich so an der Musik ab, dass diese immer wieder fremd und vertraut zugleich wirkte. Gerne hieb Caine dabei scheinbar wahllos auf die Tasten ein, setzte Akzente aus Sekunden und geriet so mitunter in eine Art Dialog zu den tapfer ackernden Streichern. Die hatten ebenfalls mit schrägen Passagen zu kämpfen, waren andererseits aber auch die Bewahrer der Form und hielten Uri Caine weitgehend in Zaum. Ein Genuss war das Spiel der Fünf dennoch nicht immer. Spannend dagegen schon. Und eigen. Immerhin.

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