Vocaldente: Salzen nicht vergessen

Gesanglich abheben: Das Ziel von Vocaldente ist klar umrissen. Ihr neues Programm „In the Air“, das das a-cappella-Quintett im Rahmen einer Vorpremiere im Haus der Springmaus einem Stresstest unterzog, soll die Herren in neue Sphären katapultieren, und zwar sowohl in Deutschland als auch in Indien. Ein schöner Plan, der spätestens in dem Moment aufging, in dem Bass Tobias Pasternack zu den Klängen von „Spiel mir das Lied vom Tod“ ans Mikro trat und volltönend „Ghost Riders In The Sky“ anstimmte. Die Spannung hielt, das Arrangement war brillant, und die gelegentlichen komischen Einwürfe kamen eher lapidar daher, statt durch besondere Mimik und Gestik dem Publikum quasi aufgezwungen zu werden. Sollte eigentlich selbstverständlich sein. Doch obwohl Vocaldente in ihren besten Momenten gesangliche Meisterleistungen erbringen, fehlt den Hannoveranern zu oft der richtige Biss. Und die nötige Würze.

Vor allem die erste Hälfte des Konzerts war ebenso saft- und kraftlos wie schon im vergangenen Jahr, als Vocaldente im Pantheon zu Gast waren. Andere Songs, aber das gleiche Problem: Das Quintett war einfach zu bieder, zu brav und zu konservativ, um wirklich überzeugen zu können. Reinhard Meys „Über den Wolken“ fehlte die Leichtigkeit, Aerosmiths „I don't want to miss a thing“ die Energie und der Wannabe-Hip-Hop-Nummer „Hoch hinaus“ (immerhin eine Eigenkomposition) ein Drive, der den starken Rap-Passagen von Jakob Buch gerecht werden könnte. Selbst der Ärzte-Klassiker „Gestern Nacht ist meine Freundin explodiert“, der im bis dahin recht traditionellen Repertoire eine echte Überraschung war, blieb ohne die essentiellen Impulse hinter seinen Möglichkeiten zurück. Da hätte man mehr rausholen können. Stattdessen setzten Vocaldente jedoch auf alberne Choreographien, auf bemühte Squaredance-Einlagen bei „Whiskey in the jar“ und auf das Spielen mit Luft-Bass, -Trompeten und anderen imaginären Instrumenten, um auch wirklich jedem im Publikum einzuprügeln, was die fünf Herren mit ihren Mündern machten. Half leider nicht. Erst als Vocaldente etwas mehr Gas gaben, wurde es besser. Doch darauf musste man bis nach der Pause warten.

Tatsächlich können Vocaldente durchaus knackig und präzise singen, können Akzente setzen und mit ihren Stimmen zaubern, vor allem dann, wenn sie sich nicht auf Bewegungen fokussieren, sondern auf die Töne. In der Springmaus gelang ihnen das etwa mit „Harder to breathe“ von Maroon 5 oder auch mit „Chop Suey“ von der Nu-Metal-Band System of a Down, kurzum bei Songs, die – im Gegensatz zu „Ich wollt ich wär ein Huhn“ oder einer Bollywood-Nummer – keinerlei Albernheiten zuließen. Kondensiert, konzentriert und präzise waren sie das Salz in der Suppe. Mit diesen Titeln sind Vocaldente auf der sicheren Seite und bestens gerüstet für Deutschland und die Welt. Jetzt müssten die Fünf nur noch die anderen Stücke auf dieses Level bringen. Und aufhören zu tanzen.

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