Dance of Joy: Klezmerisierter Barock

Mit Johann Sebastian Bach kann man offensichtlich alles machen. Improvisationsjazz (Jacques Loussier), Rock (etwa Jethro Tull), sogar Hip Hop (Red Bull's Flying Bach). Jeder Stil umarmt die eleganten Barockklänge des Meisters, integriert sie und schafft so etwas Neues. Es ist also keine Überraschung, dass auch eine Mischung aus Bach und Klezmer ihren Charme hat. Das Aachener Quartett Dance of Joy hat sich diesem Crossover-Projekt angenommen und es nun in der Kreuzkirche präsentiert. Das Ergebnis konnte sich hören lassen – auch wenn die Zusammenarbeit mit der Kreuzkirchen-Kantorei, die im Vorfeld groß angepriesen wurde, bedauerlicherweise kaum über ein Lippenbekenntnis hinauskam. Denn der Chor blieb in zu vielen Fällen außen vor und bildete lediglich eine Menschenkulisse, vor der sich die vier Instrumentalisten austobten.

Dabei hätte es genug Möglichkeiten für einen vermehrten Einsatz der Kantorei gegeben. Zwischen den Fugen, Bourees und Konzerten Bachs, die Dance of Joy auf ihre ganz eigene Weise modifizierte, fand sich schließlich auch Gesangsliteratur im Programm – doch warum der Chor etwa bei dem „Erbarme dich“ aus der Matthäuspassion oder der Arie aus den Goldberg-Variationen zu schweigen hatte, bleibt ein Rätsel. Durfte er dann doch einmal die Stimmen erheben, wirkte seine Einbindung mitunter wie eine Verlegenheitslösung, nicht organisch, sondern mit einem klaren Bruch versehen. Von einer Synthese aus Quartett und Chor war leider nichts zu merken, auch Organist Stefan Horz kam nur selten zum Einsatz. Zu sehr dominierten Geigerin Johanna Schmidt, Klarinettist Johannes Flamm, Bassist Werner Lauscher und Akkordeonist Alfred Krauss das Geschehen. Das Publikum schien dies nicht zu stören: Insbesondere die flotten Passagen sorgten für Begeisterung und einen mitunter tosenden Applaus.

Der war jedoch nicht immer so ganz gerechtfertigt. Kein Zweifel, jeder einzelne der Musiker ist technisch versiert, mitunter gar virtuos – doch vor allem Krauss und Lauscher waren nicht immer im Einklang, schon gar nicht dann, wenn Kantorei-Leiterin Karin Freist-Wissing das Dirigat übernahm. Mal schleppte der Bass, mal hetzte er, mal trödelte das Akkordeon, mal brach es sich in flinken Läufen Bahn. Eine solide Basis entstand dadurch aber nur teilweise. So oblag es Flamm und Schmidt, für den Zusammenhalt zu sorgen. Ging ja. Meistens. Wenn der unterforderte Chor, der durch den Hall der Kreuzkirche ohnehin besonderen Einschränkungen unterlag, nicht den ihm gering bemessenen Raum einforderte. Sich auf diese Situation einzulassen, schien Dance of Joy dann doch zu überfordern. Schade. Das erst wäre wirklich mal Crossover gewesen.

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