„Save the World“: Muss nur noch kurz die Welt retten...

Mit ehrbaren Zielen in einer Mischung aus Kultur und wissenschaftlichem Diskurs hat das Theater Bonn am Wochenende zu dem theatralen Kongress „Save the World“ geladen. Offiziell zum Abschluss des Beethovenfests (reell davon aber vollkommen losgelöst) tummelten sich Umweltschützer, Klimafeen, Forscher, Schauspieler und die Heldin Superchristina zwischen Königsdramen und Zombie-Apokalypse, zwischen dem „Paradies der Zukunft“ und den letzten Tagen der Menschheit (beschrieben in einer 24-Stunden-Lesung des gleichnamigen Romans von Karl Kraus). Performances, Aufführungen und Konzerte, unterhaltsam und lehrreich zugleich: Ein bemerkenswertes Projekt, das aber durchaus noch mehr Besucher hätte gebrauchen können.

Kernstück der Veranstaltung war ein sechsteiliger Parcours quer durch die Werkbühnen des Theaters, in denen Künstler und Wissenschaftler meist interaktive Szenarien aufgebaut haben. Mal setzten sich die Teilnehmer an einen gedeckten Tisch, getrennt nach jenen, die zu viel, die genug, die zu wenig und die nichts zu essen bekamen (was für so manchen fröhlichen Gast am Kopf des Tisches doch etwas ungemütlich wurde, wenn er sich der Blicke jener bewusst wurde, die leer ausgingen); dann wieder steckten sie Energie in das Zertrümmern von Asphaltblöcken zur symbolischen Rückgewinnung versiegelter Flächen oder sangen im Klimatopia-Chor gegen die Lethargie an. Je stärker die Besucher dabei angesprochen und integriert wurden, um so stärker die Wirkung.

Daneben präsentierten die Akteure weitere reizvolle Programmpunkte, die jedoch erst einmal gefunden werden mussten. Da die meisten Aktionen im Inneren spielten und das Außengelände bis auf ein paar Stände verschiedener Hilfsorganisationen recht leer wirkte, blieben die Besucher zunächst auf sich alleine gestellt, wurden nicht sofort in ein buntes Treiben hineingezogen. Schade, denn es gab einiges zu sehen: So setzte das Duo Half Past Selber Schuld die neuesten tagesaktuellen Entwicklungen in der Schauspielhalle um, während bei dem Projekt Pixelhelper Hilfsgüter via Facebook bestellt und im Notstandsgebiet (derzeit Marokko) direkt verteilt werden, was via Lifestream verfolgt werden konnte. Auch das Konzert der charmanten Singer-Songwriterin Alin Coen am Samstagabend war ein Genuss, die eindringlichen Stücke, die sich mal melancholisch mit dem Zwischenmenschlichen und dann wieder mit besagter Weltrettung beschäftigen, machten Lust auf mehr.

Letztlich scheint dieses Konzept, Wissenschaft und Kunst miteinander zu verbinden, auch Beethovenfest-Intendantin Nike Wagner anzusprechen – zumindest lässt sich dies aus einigen ihrer bisherigen Vorträge herauslesen, was auch der Grund für die zumindest auf dem Papier stattgefundene Kooperation zwischen Beethovenfest und Theater Bonn sein könnte. In diesem Jahr konnte sie ja nur punktuell Akzente setzen, das von vielen Zyklen geprägte Programm entstand noch unter der Ägide ihrer Vorgängerin Ilona Schmiel. Wagner hat bereits angekündigt, 2015 für noch mehr Abwechslung zu sorgen, auf der einen Seite die historische Aufführungspraxis zu stärken und auf der anderen kreative Impulse zu setzen. Letztere gab es in dieser Spielzeit zwar auch schon, etwa in den diversen Uraufführungen oder durch die an sich spannenden Orient-Okzident-Konzerten, dürften aber in Zukunft ausgebaut werden. „Veränderungen“ soll daher auch das Motto des Beethovenfests 2015 werden. Nur so sind Rettung und Erhalt letztlich möglich. Selbst wenn es mit „Save the world“ vielleicht nicht sofort klappt. „Save the culture“ würde ja, gerade in Bonn, schon reichen.

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