Schelmish: Auferstehungskonzert der Totgesagten

Zwölf Monate ist es jetzt her, dass die Mittelalterrockband Schelmish im Brückenforum zum letzten Tanz aufspielte. Nach 13 Jahren sollte Schluss sein, zumindest unter diesem Namen. Doch die Fans waren adamant: Über 700 von ihnen forderten innerhalb von 24 Stunden nach dem Abschlusskonzert die Rückkehr der Schelme, die sich dieser gewaltigen Beschwörung nicht entziehen konnten. Und so rauften sie sich erneut zusammen, entrissen Sänger Dextro der Westerwälder Erde, warfen etwas Traubenzucker in seinen Sarg und zelebrierten am Freitag, den 13., ihre Wiederauferstehung. Zumindest für eine Nacht.

Im Prinzip verlief der Abend so wie schon im Jahr zuvor: Nach Auftritten von CaliberX und Spielbann kam Schelmish gegen 21.15 Uhr auf die Bühne und legte sogleich mit einem Best-of-Programm los, die Setlist eine exakte Kopie des Auftritts von 2012. Klar, neues Material gibt es nicht, eigentlich ist die Band ja tot. Beziehungsweise untot, wie schon ein Blick in die geschminkten Gesichter zeigte. Also mussten die alten Knochen reichen. Und schließlich wollte das Publikum genau diese Songs hören, die fröhlich knüppelnden Turbo-Kracher wie „Hässliche Kinder“ oder „Tanz mit mir“ mit dem röhrenden Gesang Rimsbold von Tiefentanns ebenso wie so manche mittelalterliche Melodei.  Das Brückenforum bebte, während hämmernde Bässe und Drums das Fundament für den massiven, mit Schalmeien und Sackpfeifen aufgepeppten Schelmish-Sound legten und die Fans ekstatisch mitsangen. Oder Stücke forderten, für die sie bezahlen mussten: Als einer aus dem Publikum nach der „Rabenballade“ verlangte, holte Dextro den Vorlauten auf die Bühne, stellte sich selbst in die Menge und ließ seinen Zwangsersatz gnadenlos das gewünschte Lied intonieren. Bis er vom schiefen Gesang genug hatte und sich selbst wieder ans Mikro hievte.

Überhaupt hatte Dextro es dem eigenen Bekunden nach nicht leicht. Müde sei er, und vergesslich. Bei „Sag nur ein Wort“ entfiel ihm gar die komplette dritte Strophe – ein Malheur, dass der Sänger nicht auf sich sitzen lassen konnte, die Band nach den Schlussakkorden noch einmal aufspielen ließ und den Fehler korrigierte. Das ersparte ihm jedoch nicht das Stehen auf einem Schandfleck zum Hohn von Vollstrecker Picus von Corvin. Strafe muss sein. Offenbar erfolgreich: Bei „Twa Corbies“ warnte Dextro zwar erneut vor Textschwächen, meisterte das Stück aber bravourös. Der Auftakt zu der lange erwarteten Mittelaltersektion, die die Schelmen weiterhin gerne pflegen, auch wenn Dextro bekannte, dass sich in seinen Augen „die Szene in den letzten Jahren nicht so entwickelt hat, wie wir uns das erhofft hatten.“ Zu viel Kommerz, zu wenig Gemeinschaft. Trotzdem griff auch er zum Dudelsack, spielte zusammen mit Des Demonia und Rimsbold bejubelte Weisen. Es geht eben auch ohne große Härte. Diese Erfahrung machte übrigens auch die Nutscheid Forest Pipe Band, die wie schon im vergangenen Jahr ihren Auftritt hatte und von den Fans begeistert empfangen wurde. Ihr Schotten-Interludium gewährte Schelmish eine Pause, um Kraft für den weiteren Abend zu tanken. Hat wohl geholfen: Auch um Mitternacht war der letzte Ton noch nicht gesungen. Frei nach dem Motto „Die Geister die ihr rieft, die werdet ihr nicht mehr los.“ Als ob die Fans das wollten...

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