Ralf Schmitz: Impro-Clownerie eines Roadrunners

Es gibt verschiedene Arten des Lachens: Befreiendes Distanzierungslachen bei Schock-Momenten, erfreutes Wiedererkennungslachen oder das Belächeln von bewusst schlecht gemachten Filmen sind nur einige davon. Man kann mit jemandem lachen oder über einen. Ralf Schmitz, der am Mittwochabend im beinahe ausverkauften Brückenforum auf Einladung der Springmaus mit seiner neuen Impro-Show „Schmitzpiepe“ zu Gast war, zelebriert gerne letzteres.

So steigt er gleich zu Beginn, nachdem er mühsam seine Bühne selbst dekoriert hat, ins Publikum hinab, begrüßt seine Fans, fragt nach Namen und Berufen und wartet nur darauf, dass einer seiner Gesprächspartner etwas sagt oder tut, dass Schmitz ausschlachten kann. Ein gefährliches Spiel: Lacht das Opfer mit oder lacht Schmitz, und mit ihm das restliche Publikum, dieses aus? Die Grenze ist schmal, zumal nicht jeder so selbstbewusst mit einem Interview-Überfall umzugehen versteht wie Hella, die Schmitz (beziehungsweise Schmatz) mit ihren pfiffigen Antworten von einem Lachkrampf in den nächsten schleudert.

Schmitz liebt die Spontanität, das Unerwartete. Nur ein Bruchteil seines Programms ist durchgeplant, für den Rest ist er auf das Publikum angewiesen. Vor allem auf die ersten Reihen, aus denen er immer wieder Mitarbeiter zwangsrekrutiert. Dem hyperaktiven Zappelphilipp, der mit seinen Zungenspielen wie der Roadrunner auf Speed wirkt, fehlt allerdings manchmal ein kontrollierendes, zurückhaltendes Element: In einer Szene stellt er sich, den Mund voller Kekse, direkt vor einen Zuschauer und wettert ihn an, so dass sich zahllose angekaute Krümel auf die umliegenden Plätze ergießen. Auch wenn der Saal vor Gelächter bebt: Lustig ist so etwas nicht. Eher eklig, ebenso wie der Missbrauch der ihm anvertrauten Gegenstände seiner Fans: Einen Schal steckt er sich vorne in die Hose, eine Tube Lippenbalsam drückt er mit Wucht aus. Witzlos. „Das tut mir leid, ich kann es nicht lassen“, erklärt sich Schmitz danach. Wäre aber manchmal besser.

Dabei beherrscht Schmitz eigentlich sein Metier. Vier Jahre im Impro-Team der Springmaus, dann im Fernsehen bei der „Schillerstraße“ – eine gute Schule. Wäre er nur nicht alleine auf der Bühne und müsste sich sämtliche Bälle selbst zuwerfen. Auch die auf die Bühne gerufenen Zuschauer helfen selten, sind viel zu verschüchtert und kommen gegen den verschmitzten Sprachschwall ohnehin kaum an. So wird das Treffen auf der Zugspitze mit Ruth letztlich zu einem weiteren überdrehten Monolog. Zur Ruhe kommt Schmitz nur, wenn er von seiner Familie erzählt: Seinem Schrebergarten-Onkel, aus dessen Vereinssatzung er mit Hitler-Stimme liest, seiner SMS-liebenden Mutter und seiner Wackel-Omma. Bis es dann wieder weiter geht mit dieser Impro-One-Man-Show. Die erreicht ihren Höhepunkt, als Sonja auf die Bühne kommt und die Atmosphäre für eine Horror-Geschichte erzeugen soll. Jetzt, mit einem würdigen Gegenpart, blüht Schmitz zur Höchstform auf, stapft durch ein altes, von Kröten, Werdackeln und Zombie-Kaninchen bevölkertes Schloss, immer auf die Geräusche reagierend, die seine Bühnenpartnerin ihm mit zunehmender Begeisterung anbietet. Großartig – jetzt wird nur über einen einzigen gutmütig gelacht, und das ist Ralf Schmitz. Der Impro-Clown. Der damit sein Ziel erreicht hat und mit großem Applaus bedacht wird. Auch aus den ersten Reihen. 

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