Andy Sauerwein: Tastenvirtuose mit Seegang

Alles geht viel zu schnell kaputt, in der Regel zwei Tage nach Ablauf der Garantie. Nachhaltig ist das nicht. Wird aber gerne so beworben. Andy Sauerwein kann über derartige Diskrepanzen nur den Kopf schütteln. Der „anerkannte Scherzkeks“, wie sich der Kabarettist selbst bezeichnet, kennt schließlich die Waschmaschine der Oma, die seit 30 Jahren ihren Dienst versieht und die nicht, wie die eigene, nach 25 Monaten eine Umschulung zum Rüttelstampfer macht und Richtung Baugewerbe abdampft.

Oder den guten alten Nokia-Knochen 3210, dessen Akkuleistung nach einer Dekade noch jedes moderne iPhone erblassen lässt. In der Springmaus spricht sich der gebürtige Sulzbacher diesen technischen Rückschritt ebenso an wie die gleichzeitige Zunahme an eigentlich überflüssigen Warnhinweisen („Kind vor dem Waschen aus der Kleidung nehmen“), Irrwegen des Veganismus („Iss kein Huhn, da ist Ei drin“) und vom Seegang beeinflussten Auseinandersetzungen mit der Rollator-Gang auf einem Kreuzfahrtschiff. Letztgenanntes Bild kann dabei beispielhaft für das gesamte Programm gelten: Mitunter gut im Ansatz, dann aber wieder altbacken und ohne dauerhaften Schwung kommt Sauerwein nicht so richtig auf Touren.

Der Humor des ehemaligen Klosterschülers und verhinderten Lehrers ist tatsächlich einigen Schwankungen unterworfen. Brillant ist er dann, wenn er die Satire des Alltags offenlegt, beim Klassentreffen erst nach einer Stunde merkt, dass er am falschen Tisch sitzt, von seinen AIDA-Erlebnissen erzählt oder das immer wieder aufkommende Ego-Shooter-Verbot als unsinnig abtut, weil er als jahrelanger Super-Mario-Zocker bis heute nicht das Bedürfnis verspürt, auf jede vorbeilaufende Schildkröte zu springen. Dagegen schwächelt er bei den Versuchen politischen und gesellschaftskritischen Kabaretts: Sein Sachsen-Lied predigt Vorurteile und Klischees, statt mit diesen aufzuräumen, und mit Kommentaren über den Axt-Attentäter aus Würzburg sollte er sich vielleicht ebenfalls zurückhalten. Dann doch lieber mehr Musik machen. Immerhin, am Klavier macht Sauerwein keiner so schnell was vor. Seine Boogie-Woogie-Eskapaden machen Lust auf mehr, auch der Einsatz seiner Loop-Machine geht bei ihm, im Gegensatz zu manchen anderen Künstlern, mit Präzision und harmonischem Gespür einher. Wenn er jetzt noch etwas besser singen könnte, etwas klarer intonieren und vor allem etwas besser texten würde, wäre schon viel gewonnen. Ja, Sauerwein hat noch Luft nach oben – aber auch das Potenzial, um dies auszureizen. Das Publikum schenkt ihm dafür herzlichen Applaus.

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