6 Frauen auf einen Streich: Wildes Fleisch im Altweibersommer

Heiß ist es. Unerwartet heiß, und das im September. Doch damit muss man eben umzugehen wissen. Jeder auf seine Weise. Während draußen im Biergarten der Bonner Harmonie die Gäste mit einem kühlen Bier den Altweibersommer genießen, werden die Temperaturen im gut gefüllten Saal, in den Gerburg Jahnke und das Pantheon zur 37. Nacht der Komikerinnen eingeladen haben, kurzerhand weggelacht – was mal mehr, mal weniger gut gelingt. Am angenehmsten ist das Mischprogramm dann, wenn gängige Klischees ausgespart werden und statt bemühter „Sex in the City“-Dialoge eiskalt servierter schwarzer Humor die Bühne beherrscht. Oder verkürzt: Wenn Hazel Brugger da ist.

Die Schweizerin ist die jüngste Künstlerin des Abends und mit Abstand die erfrischendste. Und böseste. Wer macht sich wohl sonst beim Geschlechtsakt einen Spaß daraus, den Partner darauf hinzuweisen, dass er gerade gemäß der Genetik zu 50 Prozent mit ihrem Vater schläft? Verbale Verhütung nennt Brugger das. Und wenn die nicht hilft? Ist entweder einer der Partner ein Psychopath – oder es ist wirklich Liebe. Wobei Brugger diese ohnehin als die Bereitschaft definiert, dem anderen beim Verfallsprozess zuzusehen, wahlweise beim Zunehmen oder beim Zerbröseln, bis neben den beim Lachen aus dem Mund springenden Zähnen auch andere Teile des Skeletts sichtbar werden. Klingt morbide. Ist es auch. Doch Hazel Brugger vermittelt all dies auf ihre kühle Art dermaßen charmant, dass es einfach ein Genuss ist. Selbst Gastgeberin Gerburg Jahnke, die in ihren besten Momenten eine ähnliche satirische Schärfe aufweist (insgesamt aber noch weitaus vielseitiger ist), kann sich vor Lachen kaum auf ihrem Stuhl halten. Herrlich.

Am anderen Ende des Spektrums tummeln sich derweil drei Frauen in den 30ern, alle geschieden, alle willig, alle Musical-Sängerinnen. Damenbesuch nennt sich diese Fleisch gewordene Zalando-Werbung, die mit Songs über Schuhe, Schwule („die besten Männer der Welt“) und sonstigem Shoo-wap-doo-wap ihre zweite Pubertät ausleben. Nur der Prosecco fehlt. Dabei wäre ein bisschen Alkohol gar nicht schlecht, um die Manifestation sämtlicher Vorurteile zum Thema Frau besser zu ertragen. Oder den Gesang: Vor allem die sexuell vermeintlich aufgeladene Version von „Major Tom“ enttäuscht mit einem unausgewogenen Arrangement und mäßiger Intonation. Immerhin, am Ende des Auftritts können Michèle Connah, Claudia Wölfel de Mejia und Stefanie Görtemöller mit einem Plädoyer für die Frau zu Michael Jacksons „Man In The Mirror“ zumindest etwas Boden gut machen.

Für den Abschluss des mit gerade einmal 100 Minuten erstaunlich knappen Abends sorgt schließlich Andrea Badey, in der sich die Unverblümtheit des Ruhrpotts mit der karnevalesken Leichtigkeit des Rheinlands verbindet. Das „wilde Fleisch jenseits der 50“ ist eine Comedy-Domina, eine, die ihre Lacher, ihren Beifall und sonstige Reaktionen gerne offensiv vom Publikum einfordert, während sie zünftig, mitunter gar leicht ordinär, über die Vor- und Nachteile des Alterns räsoniert, über die im Internet ersteigerte künstliche Hüfte klagt, sich an einer Imitation von Vicky Leandros versucht zwischendrin in die Rolle ihres Alter Egos Carola schlüpft. All das gelingt ihr mit einem Schwung, der – gerade im Altweibersommer – so manche Peinlichkeit verzeihen lässt. Das Publikum zeigt sich auf jeden Fall vollends zufrieden, fühlt sich zwischen der jugendlichen Kaltschnäuzigkeit Hazel Bruggers und der gereiften Lebenslust Andrea Badeys sichtlich wohl und freut sich, so scheint es, bereits auf den nächsten Damenabend von und mit Gerburg Jahnke. Dann sogar im neuen Pantheon.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0