Chris de Burgh: Der Barde mit der roten Dame

Ohne „Lady in Red“ geht es einfach nicht. Die Fans verlangen es, wollen diese Ballade nun einmal hören, die Chris de Burgh weltberühmt gemacht hat und die von den einen zu den schönsten Liebesliedern aller Zeiten gezählt wird – von anderen wiederum einfach nur gehasst wird. Für den irischen Barden ist es eine Crux: Zu oft wird er nur auf dieses Lied reduziert, er, der doch so viel mehr zu bieten hat, und doch würde er selbst dann nicht von ihm loskommen, wenn er es wollen würde. Was nicht der Fall ist. Und so genießen rund 1700 Fans auf dem KunstRasen mit leuchtenden Augen diesen vermeintlichen Höhepunkt eines von immer wiederkehrenden Regenschauern geplagten zweieinhalbstündigen Konzerts, das die Vielfalt des 67-Jährigen in beeindruckender Weise offenlegt – ebenso wie seine Schwächen.

Nur von seinem Pianisten Nigel Hopkins begleitet steht Chris de Burgh, die Gitarre in der Hand, auf der Bühne, hier, wo in gewisser Weise seine Karriere in Deutschland begonnen hat. In den Rheinterassen hat er Anfang der 80er Jahre eines seiner ersten Solo-Konzerte gegeben, seitdem ist der Ire Bonn sehr verbunden. Ob er damals schon, so wie heute, „Borderline“ gespielt hat? „The Traveller“, neben „A Spaceman Came Travelling“ wohl der älteste Song des Abends, dürfte auf jeden Fall schon vor gut 35 Jahren im Repertoire gewesen sein und sorgt mit seinem Groove weiterhin für Begeisterung. Nicht umsonst ist de Burgh in erster Linie nicht etwa der Schmusesänger, für den ihn viele halten, sondern ein Geschichtenerzähler, ein „Storyman“ von altem Schrot und Korn, der am überzeugendsten ist, wenn keine übertriebenen Synthi-Klänge aus den 80ern im Hintergrund herumwabern. Dies wird während des Konzerts immer wieder deutlich, obwohl Chris des Burgh die großen Epen wie etwa „Crusader“, „The Tower“ oder die dystopische „Leader“-Trilogie ganz bewusst außen vor lässt. Verständlich – ohne Band dürfte es schwierig sein, die dafür notwendige Wucht zu erzeugen, und die Versuche von Hopkins, den fehlenden Bombast durch elektronische Mittel auszugleichen, scheitern bereits an einfacheren Passagen. Also kann Chris de Burgh nur die kleinen Geschichten präsentieren. Immerhin reicht es für „The Revolution“. Stark.

Die Setliste, die Hopkins und Chris de Burgh zusammengestellt haben, liefert einen schönen Querschnitt durch das Schaffen des Barden: Intensive Antikriegs-Balladen mit leider enormen Problemen in den Höhen („Borderline“) stehen neben schwungvoll-treibenden Nummern wie „Waiting For The Hurricane“, Klassiker wie „High On Emotion“ und „Don't Pay The Ferryman“ neben selten gespielten Raritäten wie „Leather On My Shoes“ und „Tender Hands“. Das Publikum bejubelt jenen Song, ignoriert so gut es geht den Sommerregen, den Chris de Burgh wahlweise zu verscheuchen versucht oder herbeisingt, ebenso wie die musikalischen Ungenauigkeiten, die sich immer wieder einschleichen. Denn die Bardenstimme ist längst nicht mehr das, was sie mal war, bricht schnell und erschöpft sich schnell in den Tenorlagen, die vor allem in den frühen Werken immer wieder gemeistert werden müssen. Dazu die Schunkel-Schlager-Synthesizer-Semi-Playback-Soße, die mitunter aus den Boxen quillt – ein reines Akustik-Set samt Transponierung um eine Quinte abwärts wären wahrscheinlich deutlich besser gewesen. Dem Publikum ist es egal, vor allem als Chris de Burgh endlich, inmitten eines Blocks mit einigen seiner größten Erfolge, die bereits erwähnte rote Dame besingt. Die Fans sind selig, genießen den Moment. Und Chris de Burgh weiß, warum er dieses Lied auf jedem Konzert aufs Neue anstimmt. Ohne diese Lady geht es eben einfach nicht.

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Kommentare: 2
  • #1

    A.M. (Freitag, 05 August 2016 22:24)

    Das Lied, das Chris de Burgh gesungen hat heißt "Waiting For The Hurricane".
    "Rock You Like A Hurricane" ist von den Scorpions! Soviel zu kritischer Recherche...

  • #2

    Thomas Kölsch (Samstag, 06 August 2016 11:18)

    Vielen Dank für die Korrektur des Schreibfehlers - ich habe ihn bereits behoben.